Leitsatz
In einer Sorgerechtsangelegenheit hatte sich das Gericht mit der Frage auseinanderzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Trennung von Geschwistern gerechtfertigt ist und welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen.
Sachverhalt
Aus der geschiedenen Ehe der Eltern waren drei in den Jahren 1995, 1996 und 1997 geborene Kinder hervorgegangen. Nach der Trennung der Eltern im November 2005 zog der Kindesvater Ende Dezember 2005 aus der Ehewohnung aus und lebte seither in dem nur wenige Kilometer entfernt gelegenen Haus seiner Mutter. Die Kinder verblieben zunächst bei der Ehefrau. Nachdem diese erklärte hatte, sie beabsichtige, zu ihrem neuen Lebensgefährten in einen anderen Ort zu ziehen, erging am 29.7.2006 im einstweiligen Anordnungsverfahren ein Beschluss des FamG, durch den das Aufenthaltsbestimmungsrecht für eines der Kinder auf die Mutter, für zwei andere Kinder auf den Vater übertragen wurde. Die Kindesmutter verzog dann mit einem der Kinder nach F. Zur Jahreswende 2006/2007 eskalierte die Situation. Alle drei Kinder hielten sich bei der Mutter zu Besuch auf. Nachdem der Kindesvater angekündigt hatte, die Kinder nicht abholen zu können, erließ das FamG eine Verbleibensanordnung für die Kinder, die sich seit Beginn des Jahres 2007 in dem Haushalt ihrer Mutter aufhielten.
Nach Anhörung der Beteiligten, des Jugendamtes und der den Eltern beigeordneten Verfahrenspflegerin hat das FamG mit Beschluss vom 2.2.2007 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Kinder auf die Mutter übertragen und es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge belassen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Kinder müssten zukünftig zusammen leben. Die Mutter sei geeigneter zu deren Erziehung und Betreuung als der Vater.
Gegen diese Entscheidung legte der Vater befristete Beschwerde ein, mit der er zunächst das Ziel verfolgte, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Kinder zu erhalten. Später beantragte er, die angefochtene Entscheidung nur teilweise zu ändern und ihm das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für zwei Kinder zu übertragen. Die Kindesmutter hat einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für ein Kind auf den Vater zugestimmt und im Übrigen beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidung
Das OLG hat die angefochtene Entscheidung insoweit abgeändert, als das älteste im Jahre 1995 geborene Kind betroffen war. Dem übereinstimmenden Vorschlag der Eltern entsprechend wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht für dieses Kind auf den Vater übertragen. Hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die beiden älteren in den Jahren 1996 und 1997 geborenen Kinder verblieb es bei der erstinstanzlichen Entscheidung. Diese Entscheidung beruhte das im Jahre 1996 geborene Kind betreffend auf dem übereinstimmenden Antrag der Eltern insoweit.
Nach Auffassung des OLG entsprach die getroffene Regelung dem Wohl der Kinder am besten. Die mit dieser Entscheidung verbundene Trennung der Geschwister sei ausnahmsweise gerechtfertigt, da ein ganz besonders enges und inniges Verhältnis zwischen dem im Jahre 1995 geborenen Kind und seinem Vater einerseits und dem im Jahre 1996 geborenen Kind und seiner Mutter andererseits bestehe. Beide Eltern hätten dies akzeptiert und im Beschwerdeverfahren ihre Anträge entsprechend angepasst.
Würde man abweichend von diesen engen Bindungen beide Kinder zusammen mit ihrer Schwester dem einen oder anderen Elternteil zusprechen, würde man nach Auffassung des OLG jeweils den Interessen eines der beiden Kinder nicht gerecht werden. Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die im Jahre 1996 geborene Tochter auf die Mutter sei auch unter dem Gesichtspunkt der engen Bindung geboten. Sowohl die Verfahrenspflegerin als auch die Diplom-Psychologin hätten beide übereinstimmend ausgeführt, dass die Mutter eine tiefe emotionale Beziehung zu ihren Kindern habe. Der Vater dagegen habe eher Schwierigkeiten, sich in die Gefühle seiner Kinder einzufinden.
Den auch bei der Mutter aufgetretenen Defiziten bei der Betreuung der Hausaufgaben und der regelmäßigen Versorgung der Kinder kam nach Auffassung des OLG bei der gebotenen Gesamtabwägung kein besonderes Gewicht zu. Insbesondere gelte dies angesichts des Umstandes, dass es auch beim Vater in der Vergangenheit Versäumnisse und Fehler gegeben habe.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Beschluss vom 04.06.2007, 12 UF 50/07