Leitsatz
Minderjährige und im Haushalt ihrer Mutter lebende Kinder nahmen ihren Vater auf Zahlung von Unterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrages ab 01.01.2004 in Anspruch. Der Beklagte hatte Leistungsunfähigkeit eingewandt und auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen verwiesen.
Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung wurde mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen mit der Begründung, er müsse wegen der seinen minderjährigen Kindern gegenüber bestehenden gesteigerten Erwerbsverpflichtung alle Anstrengungen unternehmen, um den Mindestunterhalt sicherzustellen und könne sich insoweit nicht auf seine Tätigkeit als Selbständiger berufen.
Gegen den versagenden PKH-Beschluss legte der Beklagte Beschwerde ein, die nicht erfolgreich war.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit nicht schlüssig dargelegt. Gegenüber seinen minderjährigen Kindern sei er nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB gesteigert unterhaltspflichtig und gehalten, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um deren Unterhalt sicherzustellen. Er habe seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen und sei gehalten, auch berufsfremde Tätigkeiten und/oder einen Ortswechsel in Kauf zu nehmen sowie zusätzlich im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes Überstunden oder Nebentätigkeiten auszuüben. Er sei ggf. auch verpflichtet, eine selbständige Tätigkeit zugunsten einer besser bezahlten Anstellung aufzugeben, wenn dadurch der Unterhalt sichergestellt werden könne (OLG Dresden 1998, Urteil vom 30.12.1998, 10 UF 466/98 und Urteil vom 23. Dezember 1997, 10 UF 303/97).
Dass er trotz all dieser Anforderungen bundesweit keine Anstellung hätte finden können, sei nicht ersichtlich und könne auch aufgrund der allgemeinen Arbeitsmarktsituation nicht unterstellt werden.
Er habe nichts zu seiner Ausbildung und seinen beruflichen Qualifikationen vorgetragen. Immerhin müsse davon ausgegangen werden, dass er als Verkäufer Qualifikationen erreicht habe und in diesem beruflichen Bereich die Chancen für eine Einstellung bundesweit größer seien als in anderen Berufssparten. Es könne daher als realistisch davon ausgegangen werden, dass er in einem Anstellungsverhältnis einen Nettolohn von mindestens ca. 1.500,00 EUR erzielen könnte. Eine Nebentätigkeit im Geringverdienerbereich von zusätzlich ca. 200,00 EUR monatlich sei möglich und zumutbar. Danach könne er auch nach Abzug 5 % berufsbedingter Aufwendungen sämtliche Unterhaltsverpflichtungen noch bedienen.
Er sei von allen geforderten Anstrengungen auch nicht deswegen befreit gewesen, weil über sein Vermögen das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden war. Der Beschlagnahme unterlägen nämlich nicht die gem. § 850c ZPO pfändungsfreien Beträge. Bei drei Unterhaltsverpflichtungen, die gegen den Beklagten geltend gemacht wurden, sei bei einem Nettoverdienst von 1.700,00 EUR ein Betrag von 1.691,00 EUR nicht pfändbar, so dass hieraus auch unter Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen und des Selbstbehalts der gesamte Unterhalt gezahlt werden könnte.
Es treffe zwar zu, dass die Freibeträge nach § 850c ZPO nur demjenigen Schuldner zustehen, der seine Unterhaltsverpflichtungen auch erfüllt. Dabei könne es jedoch nicht darauf ankommen, ob der Unterhaltsschuldner vor der Insolvenzeröffnung seiner Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt nachgekommen sei. Unterhaltspflichten entständen jeden Monat neu, so dass der Schuldner, der genug verdiene, leisten und sich dem Insolvenzverwalter gegenüber darauf berufen müsste. Jede andere Auslegung würde die insbesondere in §§ 40, 89 Abs. 2 S. 2 InsO zum Ausdruck kommende Absicht des Gesetzgebers, laufenden Unterhalt zu privilegieren, auf den Kopf stellen.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss vom 20.09.2004, 7 WF 567/04