Leitsatz
1. Eine ausgehandelte Klausel i. S. v. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB liegt vor, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner einen Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen tatsächlich einräumt.
2. In einem solchen Fall kann in einem Gewerbemietvertrag wirksam vereinbart werden, dass der Mieter die Räume bei Beendigung des Mietverhältnisses zu renovieren hat.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 305 Abs. 1 S. 3, 535 Abs. 1
Kommentar
Ein Mietvertrag über Gewerberäume enthält u. a. folgende Klausel: "Bei Beendigung des Vertrages sind die Mieträume vom Mieter neu zu renovieren, wobei maßgebend der ursprüngliche Ausstattungsstandard ist ..." Die Mieterin hat bei Vertragsende Renovierungsarbeiten ausgeführt. Sie nimmt die Vermieterin auf Ersatz der hierfür aufgewendeten Kosten in Anspruch, weil sie der Meinung ist, dass die Vertragsregelung über die Verpflichtung zur Endrenovierung unwirksam sei.
Der BGH stellt aufgrund der tatsächlichen Umstände fest, dass der Vertragstext von der Vermieterin vorgeschlagen wurde. Jedoch haben die Parteien sodann über den Vertragstext verhandelt; der Mieterin sei es auch gelungen, bei anderen, hier nicht interessierenden Klauseln (betreffend die Erneuerung eines Teppichbodens), eine Abänderung zu erreichen. Aufgrund dieses Umstands hat der BGH angenommen, dass die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB gegeben sind. Danach liegen keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, wenn "die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt" werden. Hiervon ist auszugehen, "wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner einen Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen tatsächlich einräumt". In einem solchen Fall ist eine vom Verwender vorgeschlagene Klausel auch dann wie eine Individualvereinbarung zu behandeln, wenn sich die Parteien dahingehend einigen, dass sie unverändert übernommen werden soll.
Nach der Rechtsprechung des BGH zur Wohnraummiete kann eine Verpflichtung zur Endrenovierung durch Individualvertrag wirksam vereinbart werden (BGH, Urteil v. 14.1.2009, VIII ZR 71/08, NJW 2009, 1075 unter Ziff. II 2a). Für die Geschäftsraummiete gilt nichts anderes. Individualvereinbarungen unterliegen nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, sondern finden ihre Grenzen in den Verbotsgesetzen (§ 134 BGB), dem Verbot der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) und Treu und Glauben (§ 242 BGB). Diese Regelungen stehen einer individualvertraglich vereinbarten Endrenovierungspflicht aber nicht entgegen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 18.03.2009, XII ZR 200/06, NZM 2009, 397 m. Anm. Eisenschmid, jurisPR-MietR 10/2009 Anm. 2