1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Bestimmung stellt klar, dass die Vollstreckungsschutzanordnungen nach § 710, § 711 Satz 3 und § 712 ZPO immer einen Antrag voraussetzen und nicht – wie der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Übrigen – von Amts wegen ergehen. Der Antrag ist Sachantrag (§ 137 Abs. 1 ZPO, vgl. BGH, MDR 2019, 58) und daher grundsätzlich in der Form des § 297 ZPO vor dem Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung zu stellen (BGH, MDR 2019, 58), auf die das Urteil ergeht; das gilt gleichermaßen für beide Tatsacheninstanzen. Die Bestimmung des § 714 Abs. 1 ZPO findet entsprechend Anwendung auf den Antrag nach § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG (BeckOK ZPO/Ulrici, § 714 Rn. 1). Hat allerdings das Berufungsgericht angekündigt, dass es die Berufung durch einen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen werde, kann der Antrag beim Berufungsgericht wirksam durch die Einreichung eines Schriftsatzes gestellt werden (BGH, GuT 2013, 217, NJW 2012, 1292). Erteilt das Berufungsgericht den Hinweis auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO, müssen sich die Parteien darauf einstellen, dass voraussichtlich keine Gelegenheit bestehen wird, einen etwaigen Vollstreckungsschutzantrag in der mündlichen Verhandlung zu stellen (BGH, GuT 2013, 217). Dem ist alsdann durch die Stellung eines schriftsätzlichen Schutzantrages Rechnung zu tragen (falls ein solcher gestellt werden soll). Keine Anwendung findet die Bestimmung des § 714 Abs. 1 ZPO auf tatsächliches Vorbringen, welches der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit zugrunde gelegt werden soll (OLG Köln, GRUR 2000, 253). Es gelten insoweit die allgemeinen Regeln der §§ 296a, 529 ZPO ggf. i. V. m. §§ 128 Abs. 2 S. 2, 522 Abs. 2 S. 2 ZPO (BeckOK ZPO/Ulrici, § 714 Rn. 1 m. w. N.).
2 Nachholung eines in der ersten Instanz "vergessenen" Antrages
Rz. 2
In Rechtsprechung und Literatur lebhaft umstritten ist die Frage, ob ein in der ersten Instanz nicht gestellter Vollstreckungsschutzantrag in der zweiten Instanz mit der Folge nachgeholt werden kann, dass über ihn vorab durch Teilurteil nach § 718 Abs. 1 ZPO, also mit Wirkung für das erstinstanzliche Urteil, zu entscheiden ist. Ein Teil der Rechtsprechung bejaht dies (OLG Stuttgart, MDR 1998, 858; OLG Koblenz, OLGZ 1990, 229 = FamRZ 1989, 992; OLG Bamberg, FamRZ 1990, 184; OLG Hamm, NJW-RR 1987, 252). Mit der wohl h. M. in der Literatur (MünchKomm/ZPO-Götz, § 714 Rn. 2, 3; Schuschke/Walker, § 714 Rn. 2; Musielak/Voit/Lackmann, § 714 Rn. 2; Zöller/Herget, § 712 Rn. 1) ist dies abzulehnen, da dem sowohl der Wortlaut des § 714 ZPO als auch der Zweck des § 718 ZPO entgegensteht (so im Ergebnis auch KG, MDR 2016, 1170; OLG Dresden, MDR 2015, 1226; OLG Frankfurt/Main, MDR 2009, 229; KG, MDR 2000, 478; OLG Hamburg, MDR 1994, 1246; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1989, 1470; OLG Frankfurt/Main, OLGZ 1994, 106; NJW-RR 1986, 486).
3 Pflicht zur Glaubhaftmachung (Absatz 2)
Rz. 3
Die Tatsachenbehauptungen, mit denen die Anträge nach den genannten Bestimmungen begründet werden, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Zulässig sind die Glaubhaftmachungsmittel des § 294 ZPO; insbesondere auch die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers (der Partei) selbst (MünchKomm/ZPO-Götz, § 714 Rn. 4). Die Bestimmung gilt nicht nur für die in den §§ 710 bis 712 ZPO genannten Voraussetzungen der Anträge, sondern für alle Tatsachen, die für die Höhe von Sicherheitsleistungen erheblich sind (Stein/Jonas/Münzberg, § 714 Rn. 8). Stets ist zu beachten, dass eine Glaubhaftmachung nur dann notwendig ist, wenn die Tatsachen streitig sind. Die Glaubhaftmachung vor dem über den Antrag entscheidenden Gericht ist nur bis zu der von §§ 296a, 531 ZPO ggf. i. V. m. §§ 128 Abs. 2 S. 2, 522 Abs. 2 S. 2 ZPO gezogenen zeitlichen Grenze möglich (BeckOK ZPO/Ulrici, § 714 Rn. 4).
Rz. 4
Hat das Gericht einen von einer Partei gestellten Antrag nach den genannten Bestimmungen übersehen und nicht beschieden, obwohl er ordnungsgemäß gestellt war, kann der Antragsteller nach den §§ 716, 321 ZPO ein Ergänzungsurteil erwirken (OLG Celle, OLGR 1994, 326).