Rz. 26
Die Einkünfte müssen geeignet sein, den Lebensbedarf des nicht schuldnerischen Unterhaltsberechtigten mit abzudecken und den Schuldner dadurch hinsichtlich seiner Unterhaltsverpflichtung zu entlasten. Hierzu zählen z. B. selbstständige bzw. unselbstständige Einkünfte, Lohn, Gehalt, Ausbildungsvergütung, Renten-, Zins- oder Mieteinkünfte, Sach- und Naturalleistungen, ebenso Arbeitslosen- sowie Krankengeld.
Gleiches gilt für Unterhaltszahlungen und Zuwendungen, die dem Unterhaltsberechtigten in Natur geleistet werden. Auch diese, etwa unentgeltliches Wohnen oder freie Kost, mindern die Unterhaltsverpflichtung des Schuldners. Es besteht daher kein sachlicher Grund, zwischen der Art der Gewährung des Unterhalts zu unterscheiden. Daher sind Einkünfte, die dem Unterhaltsberechtigten in Natur zufließen, zu den Einnahmen im Sinne von § 850c Abs. 6 ZPO zu zählen (BGH, MDR 2020, 370 = NZI 2020, 274 = InsbürO 2020, 168 = Rpfleger 2020, 355 = DGVZ 2020, 176; BGH, Vollstreckung effektiv 2015, 112 = FoVo 2015, 157 = Rpfleger 2015, 656). Im Rahmen des § 850c Abs. 6 ZPO können als Einkünfte des Unterhaltsberechtigten folglich sowohl Barunterhalt als auch ein Naturalunterhalt angerechnet werden. Dabei handelt es sich um Leistungen, die dem Unterhaltsberechtigten und damit mittelbar dem Schuldner als geldwerter Vorteil konkret wirtschaftlich zugutekommen. Einem Bar- oder Naturalunterhalt können allerdings Betreuungsleistungen eines Elternteils in Form von Versorgung, Erziehung, persönlicher Zuwendung und Haushaltsführung nicht als Einkommen gleichgestellt werden. Die Bestimmung des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB erklärt Betreuungsleistungen des einen und Barleistungen des anderen Elternteils für grundsätzlich gleichwertig und trägt der Tatsache Rechnung, dass eine auf den Einzelfall abstellende rechnerische Bewertung des Betreuungsaufwandes unzulänglich bliebe. Mithin genügt der Elternteil, der das Kind betreut, dadurch regelmäßig seiner Unterhaltspflicht. Für den Schuldner, der sein minderjähriges Kind nicht betreut, bedeutet dies, dass er mit seinem Arbeitseinkommen den vollen Barbedarf des Kindes bestreiten muss (BGH, Vollstreckung effektiv 2015, 112 = FoVo 2015, 157 = Rpfleger 2015, 656). Wenn also der Ehegatte nur Betreuungsunterhalt schuldet, hat der Schuldner grundsätzlich den gesamten Barbedarf des unterhaltsberechtigten Kindes zu tragen (BGH, MDR 2020, 370 = NZI 2020, 274 = InsbürO 2020, 168 = Rpfleger 2020, 355 = DGVZ 2020, 176). Wenn der andere Elternteil über die geschuldeten Betreuungsleistungen hinaus weitere Bar- oder Naturalleistungen wie unentgeltliches Wohnen oder freie Kost erbringt, verringert er auch den Bedarf des Berechtigten und entlastet so den zum Unterhalt verpflichteten Schuldner (BGH, Vollstreckung effektiv 2015, 112 = FoVo 2015, 157 = Rpfleger 2015, 656).
Haben beide Elternteile annähernd gleiche Einkünfte und zwei Kinder, ist ein Kind bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens unberücksichtigt zu lassen. Das weitere Kind ist als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen (AG Langen (Hessen), JurBüro 2020, 327). Hat das unterhaltsberechtigte Kind gegen beide Elternteile einen Unterhaltsanspruch, ist bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldners das Einkommen beider Elternteile ins Verhältnis zu setzen (AG Neustadt, JurBüro 2020, 326).
Etwas anderes gilt, wenn der Ehegatte des Schuldners ein deutlich höheres Einkommen als der Schuldner selbst erzielt. Dann ist das gemeinsame Kind bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens des Schuldners dann nicht zu berücksichtigen, wenn der Unterhaltsanspruch des Kindes vollständig durch das Einkommen des Ehegatten gedeckt werden kann (AG Lüneburg, JurBüro 2020, 555; im Ergebnis ebenso: AG Emden, JurBüro 2020, 326).
Ist der sozialhilferechtliche Bedarf eines unterhaltsberechtigten Kindes des Schuldners bei Zusammenrechnung des Kindergeldes, das als zweckgebundene, existenzsichernde Leistung für dieses Kind zu verwenden ist, und der Ausbildungsvergütung des Kindes gedeckt, ist das Kind bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt zu lassen (AG Dresden, JurBüro 2014, 104).
Rz. 27
Nicht zu den zu berücksichtigenden Einkünften zählen:
- zweckgebundene Ansprüche (BAföG; a. A. LG Arnsberg, FamRZ 2014, 874; vgl. LG Hechingen, FamRZ 2012, 150 unter Verweis auf BGH, Urteil v. 18.4.1984 – IV b ZR 80/82) und die in § 54 Abs. 3 SGB I genannten Ansprüche.
- Kindergeld: Es dient dem Ausgleich der aus dem Familienunterhalt folgenden Belastungen. Der Gesetzgeber hat dem Umstand, dass für Kinder des Schuldners als zweite und weitere Unterhaltsberechtigte regelmäßig Kindergeld gezahlt wird, bereits bei der Bemessung des pauschalierten pfändungsfreien Betrages in der Pfändungstabelle Rechnung getragen (BGH, WM 2005, 1369, 1370; BT-Drucks. 8/693, S. 48; BT-Drucks. 10/229, S. 41; BGH MDR 2020, 370 = NZI 2020, 274 = InsbürO 2020, 168 = Rpfleger 2020, 355 = DGVZ 2020, 176); das gilt auch dann, wenn das Kind erste unterhaltsberechti...