Rz. 28
Es entscheidet das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger) – nicht Prozessgericht – durch Beschluss nach billigem Ermessen. Die Zuständigkeit für die zu treffenden Entscheidung obliegt während eines Insolvenzverfahrens anstelle des Vollstreckungsgerichts gem. § 36 Abs. 4 Satz 1 und 3 InsO dem Insolvenzgericht als besonderem Vollstreckungsgericht (BGH, WM 2004, 834 = ZVI 2004, 197 = BB 2004, 853 = ZInsO 2004, 391 = NZI 2004, 278 = DZWIR 2004, 208 = MDR 2004, 766 = BGHReport 2004, 910 = Rpfleger 2004, 436 = InVo 2004, 511; BGH, WuM 2011, 486). Mit dieser Zuständigkeitszuweisung trägt der Gesetzgeber der besonderen Sachnähe des Insolvenzgerichts Rechnung (BGH, ZIP 2007, 2330 = InVo 2008, 16).
Ausnahmsweise entscheidet das Prozessgericht, wenn mangels Vorliegens eines Vollstreckungsverfahrens eine Entscheidung über auf die Bestimmung des Abs. 6 gestützte Anträge ausscheidet. Dies gilt etwa dann, wenn die analoge Anwendbarkeit des § 850c Abs. 6 ZPO auf eine Forderungsabtretung in Frage steht und hierbei zu prüfen ist, ob dies der Billigkeit entspricht (vgl. BGH, Vollstreckung effektiv 2009, 187 = ZVI 2009, 374 = MDR 2009, 1309 = KKZ 2011, 159 = NJW-RR 2010, 211 = Rpfleger 2009, 627 = BGHReport 2009, 1182 = ZIP 2009, 2120 = ZInsO 2009, 1395 = WM 2009, 1475), ebenso, wenn Insolvenzverwalter und Schuldner um die Massezugehörigkeit von Einkünften streiten, die unter § 850b Abs. 1 ZPO fallen, oder wenn die Frage der Pfändbarkeit im Rahmen eines Anfechtungsprozesses zu beantworten ist, (vgl. BGH, ZInsO 2010, 188 = WM 2010, 271 = ZIP 2010, 293 = NZI 2010, 141 = Rpfleger 2010, 233 = MDR 2010, 408 = ZVI 2010, 102 = InsVZ 2010, 144 = NJW-RR 2010, 474; BGH, WM 2011, 2372 = ZInsO 2012, 30 = ZIP 2012, 95 = MDR 2012, 123 = NJW 2012, 393 = FamRZ 2012, 216 = ZVI 2012, 15 = Rpfleger 2012, 222. = NJW-Spezial 2012, 54-55 = Verbraucherinsolvenz aktuell 2012, 12 = Vollstreckung effektiv 2012, 39 = FoVo 2012, 114).
Dem Abtretungsgläubiger einer Sozialleistung steht das Antragsrecht gemäß § 850c Abs. 6 ZPO analog zu. Für die Entscheidung hierüber sind die Sozialgerichte zuständig, die im Rahmen einer echten Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG entscheiden (BSG, BSGE 70, 37 = RegNr 20225 (BSG-Intern) = HV-INFO 1992, 1336 = USK 91157. Eine Entscheidung liegt dabei in der alleinigen Zuständigkeit des Gerichts. Ein Sozialleistungsträger hat insoweit kein Ermessen (SG München, Gerichtsbescheid v. 31.1.2013, S 4 R 1961/12 – Juris).
Rz. 29
Die zu treffende Bestimmung hat unter Einbeziehung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles und nicht lediglich nach festen Berechnungsgrößen zu erfolgen (BGH, ZInsO 2009, 2351 = FamRZ 2010, 123 = NZI 2010, 578; BGH, Vollstreckung effektiv 2004, 119; BGH, NJW-RR 2006, 568; LG Hechingen, FamRZ 2012, 150; LG Kassel, JurBüro 2010, 216). Die Frage, ab welcher Höhe ein eigenes Einkommen des Unterhaltsberechtigten seine Berücksichtigung bei der Bestimmung der Pfändungsfreibeträge aus Arbeitseinkommen des Unterhaltspflichtigen ausschließt, ist vom Gesetzgeber bewusst nicht im Einzelnen geregelt worden (BT-Drucks. 8/693 S. 48 f; BGH, NZI 2011, 979 = JurBüro 2012, 161 = FuR 2012, 143; BGH, WM 2011, 2372 = ZInsO 2012, 30 = ZIP 2012, 95 = MDR 2012, 123 = NJW 2012, 393 = FamRZ 2012, 216 = ZVI 2012, 15 = Rpfleger 2012, 222. = NJW-Spezial 2012, 54-55 = Verbraucherinsolvenz aktuell 2012, 12 = Vollstreckung effektiv 2012, 39 = FoVo 2012, 114). Im Wesentlichen werden folgende unterschiedliche Ansichten vertreten:
Rz. 30
Nach einer Auffassung ist vom vollstreckungsrechtlichen Grundfreibetrag des § 850c Abs. 1 ZPO für den nicht unterhaltspflichtigen Schuldner auszugehen (grundlegend OLG Oldenburg, JurBüro 1995, 48; so auch LG Braunschweig, JurBüro 1995, 217; LG Darmstadt, Rpfleger 2002, 370; LG Erfurt, Rpfleger 1996, 469 m. Anm. Hintzen; LG Marburg, JurBüro 1999, 662; LG Saarbrücken, JurBüro 1995, 492). Dies entspr. der Intention des Gesetzgebers. Die Ansicht habe ggü. einer Berücksichtigung des Unterhaltsbedarfs den großen Vorteil, dass sich der in Betracht kommende Betrag ohne Weiteres aus § 850c Abs. 1 ZPO entnehmen lasse und sich damit eine umständliche Feststellung des jeweiligen Sozialhilfeanspruchs bzw. eine Anwendung der regional unterschiedlichen Unterhaltstabellen erübrige. Bei Unterschreitung des Grundfreibetrags sei das eigene Einkommen teilweise anzurechnen, indem es zum Grundfreibetrag ins Verhältnis gesetzt werde und der entspr. Anteil des Differenzbetrages zw. der für alle Unterhaltsberechtigten geltenden und der vorhergehenden Tabellenstufe dem pfändbaren Betrag nach der für alle Unterhaltsberechtigten geltenden Tabellenstufe hinzuzurechnen sei.
Rz. 31
Nach einer weiteren Meinung ist ein Unterhaltspflichtiger dann nicht mehr zu berücksichtigen, wenn dessen Einkommen den Hartz-IV-Regelsatz zzgl. eines "Besserstellungszuschlags" überschreitet (20 % = LG Bielefeld, DGVZ 2000, 87; Rpfleger 2000, 402; LG Heilbronn, JurBüro 2003, 660; LG Leipzig, JurBüro 2002, 97; 211; InVo 2003, 409; LG Rottweil, JurBüro 2...