Rz. 6
Abs. 2 regelt, dass das nach Abs. 1 HS 1 separierte Guthaben in dem auf die Gutschrift folgenden Kalendermonat unpfändbares Guthaben nach § 899 Abs. 1 Satz 1 ZPO darstellt. Abs. 2 entspricht dem bisherigen § 850k Abs. 1 Satz 2 ZPO in der bis zum 30.11.2021 geltenden Fassung und betrifft spiegelbildlich zu Abs. 1 das Verhältnis von Drittschuldner und Schuldner (BT-Drucksache 19/19850, S. 36). Hervorzuheben ist auch in diesem Zusammenhang, dass mit der Auszahlungssperre keine weitere Verlängerung des Übertragungszeitraums einhergeht. Klargestellt wird somit, dass Guthaben, das wegen des Moratoriums nicht ausgekehrt werden darf, ebenfalls Teil des geschützten Betrags ist (BGH, Vollstreckung effektiv 2015, 46).
Rz. 7
Das gesperrte Guthaben gehört somit zu dem Guthaben nach § 899 Abs. 1 ZPO, über das der Schuldner in Höhe seines Freibetrags verfügen kann. Insofern kann aber auch das Guthaben, das erst nach Ablauf des auf den Zahlungseingang folgenden Monats an den Gläubiger geleistet werden darf, unter den Voraussetzungen des § 899 Abs. 2 ZPO bis zu 3 Monate übertragen werden und erhöht dadurch jeweils den für diesen Monat bestehenden Pfändungsfreibetrag. § 900 Abs. 2 ZPO stellt daher klar, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner über das neu separierte Guthaben verfügen kann (BT-Drucksache 17/4776, S. 9, zu § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO a. F.).
Der jeweilige Freibetrag des Schuldners kann sich daher zum einen
- aus dem im laufenden Kalendermonat vorhandenen Guthaben,
- zum anderen aus dem Guthaben zusammensetzen, das für den Gläubiger separiert wurde.
Das Kreditinstitut muss daher den pfändbaren Betrag zunächst bis zum Ende des auf den Zahlungseingang folgenden Kalendermonats zurückbehalten, sodass zunächst für diesen Zeitraum nicht an den Gläubiger ausgezahlt werden darf. Dadurch soll sichergestellt werden, dass am Ende eines Kalendermonats auf dem P-Konto eingehende Zahlungen, die eigentlich für den Folgemonat und zur Sicherung des Pfändungsschutzes des Schuldners bestimmt sind (Renten, Versorgungs-, Dienstbezüge etc.), diesem nicht durch eine Auszahlung an den Gläubiger entzogen werden.
Rz. 8
Die Sozialleistungen des Schuldners S von 1.100 EUR werden Ende Dezember 2021 dem P-Konto des S gutgeschrieben. Im Januar 2022 verfügt S hierüber in Höhe eines Betrags von 1.000 EUR.
Lösung
S hat einen Grundfreibetrag von 1.260 EUR. Der nicht ausgeschöpfte Restbetrag von 100 EUR aus Dezember ist in Höhe von 40 EUR für den Gläubiger grds. pfändbar. Der Rest von 60 EUR kann bis zu 3 Monate übertragen werden (§ 899 Abs. 2 ZPO) . Allerdings bestimmt § 900 Abs. 1 Satz 1 HS 1 ZPO, dass das Guthaben von 40 EUR erst nach dem Ablauf des nächsten Monats nach Zahlungseingang, d. h. ab dem 1.2.2022, an den Gläubiger ausgezahlt werden darf. Für den Monat Januar 2022 erhöht sich daher der Grundfreibetrag von 1.260 EUR einmalig um weitere 100 EUR auf insgesamt 1.360 EUR (§ 900 Abs. 2 ZPO).
Das zu separierende einmalige Guthaben darf erst zu Beginn des übernächsten Monats an den Gläubiger ausgezahlt werden. Der Schuldner muss daher in der verlängerten Frist die Höhe des für ihn geltenden Gesamtfreibetrags klären. Erhöht sich sein persönlicher Freibetrag im Folgemonat, z. B. durch Entstehen von Unterhaltspflichten (§ 902 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO), muss das Kreditinstitut diesen individuellen Freibetrag in der geänderten Höhe bereithalten. Dies gilt aber nur, wenn der Schuldner die Änderungen rechtzeitig und ordnungsgemäß nach § 903 ZPO nachgewiesen hat.
Rz. 9
Dem Schuldner steht jedoch kein doppelter Freibetrag im Monat aus bestehendem und künftigem Guthaben zu (BT-Drucksache 17/4776 S. 9). Das künftige Guthaben erhöht somit den von der Pfändung nicht erfassten monatlichen einmaligen individuellen Grundfreibetrag (§ 899 Abs. 1 Satz 1 ZPO) bzw. Aufstockungsbetrag (§§ 902, 903 ZPO) nicht. Dem Pfändungsschutz unterliegendes Guthaben kann sich somit auch daraus ergeben, dass es aufgrund der automatischen Auszahlungssperrfrist nach § 900 Abs. 1 Satz 1 ZPO noch nicht an den Gläubiger ausgezahlt werden kann. Somit wird das zurückgehaltene Guthaben in Höhe des individuellen monatlichen Freibetrags mit dem Beginn des neuen Monats nicht von der Pfändung erfasst.