Rz. 1

Satz 1 regelt die Ersetzung des Grundfreibetrags (§ 899 Abs. 1 ZPO) und der weiteren Erhöhungsbeträge nach § 902 Satz 1 ZPO, wenn der Gläubiger wegen

  • Ansprüchen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gemäß § 850f Abs. 2 ZPO (Deliktsforderungen)

in die Gutschrift aus einer Bankverbindung beim P-Konto vollstreckt. Die Norm übernimmt damit den Inhalt des bis zum 30.11.2021 geltenden § 850k Abs. 3 ZPO a. F. und ergänzt diesen dahingehend, dass auch Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen mit einbezogen werden.

 

Rz. 2

Das Vollstreckungsgericht muss im Rahmen seines Beschlusses – wie bei der Pfändung wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche in das Arbeitseinkommen oder die anderen unter § 850 ZPO bis § 850b ZPO fallenden Einkünfte – den pfändungsfreien Betrag von Amts wegen bezifferbar bestimmen (BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 23 = NJW 2018, 555 = Rpfleger 2018, 157 zur Altregelung § 850k Abs. 3 ZPO). Eine Ausnahme besteht, wenn dies erforderlich ist, um eine gleichmäßige Befriedigung des Gläubigers und gleichrangiger weiterer Unterhaltsberechtigter (z. B. weitere minderjährige Kinder) zu erreichen. Pfändet hier der Unterhaltsgläubiger wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche privilegiert nach § 850d ZPO, ist nach § 850d Abs. 1 Satz 2 HS 1 ZPO dem Schuldner so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur gleichmäßigen Befriedigung dem Gläubiger gleichstehender Unterhaltsberechtigter bedarf. Um eine gleichmäßige Befriedigung sowohl des Gläubigers als auch gleichrangiger weiterer Unterhaltsberechtigter zu ermöglichen, müssen die dem Schuldner im jeweiligen Kalendermonat über seinen notwendigen Unterhalt hinaus zur Verfügung stehenden Gutschriften quotal, also in Bruchteilen oder prozentual (offengelassen BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 23 = NJW 2018, 555 = Rpfleger 2018, 157), diesen Unterhaltsberechtigten zugeordnet werden. Da aber im Vorhinein nicht absehbar ist, in welcher Höhe dem Schuldner Gutschriften auf seinem P-Konto zur Verfügung stehen werden, kann der pfändungsfreie Betrag insoweit gar nicht beziffert angegeben werden. Weder dem Gesetz noch den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass ein Beschluss nach § 906 Satz 1 ZPO stets einen bezifferten Betrag enthalten muss. Dem Beschluss muss aber zu entnehmen sein, dass der dem Schuldner insgesamt pfändungsfrei zu belassende Betrag nicht über die sich aus § 899 Abs. 1 ZPO und § 902 Satz 1 ZPO ergebenden pfändungsfreien Beträge hinausgehen darf. Diese Begrenzung ist gerechtfertigt, denn dem Schuldner ist nach § 906 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO nicht mehr zu belassen, als ihm gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubigern zu verbleiben hätte (BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 23 = NJW 2018, 555 = Rpfleger 2018, 157).

 

Rz. 3

 
Praxis-Tipp

Vor dem Hintergrund des automatischen Pfändungsschutzes bei der Pfändung des Guthabens von P-Konten bietet es sich an, dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Unterhalts- bzw. Deliktsgläubigers bereits im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorsorglich die Höhe des geltenden Freibetrags für den Fall festlegt, dass es sich bei dem Konto, dessen Guthaben gepfändet werden soll, um ein P-Konto handelt. Ist dies nicht der Fall, kann ein entsprechender Antrag jederzeit nachträglich gestellt werden. Existieren neben dem Gläubiger keine weiteren gleichrangigen Unterhaltsberechtigten, muss das Vollstreckungsgericht im Beschluss den dem Schuldner zu belassenden notwendigen Selbstbehalt bezifferbar festsetzen. Sind neben dem (Unterhalts-)Gläubiger jedoch weitere gleichrangige Unterhaltsberechtigte vorhanden, muss das Vollstreckungsgericht im Beschluss die dem Schuldner im jeweiligen Kalendermonat über seinen notwendigen Unterhalt hinaus zur Verfügung stehenden Gutschriften quotal diesen Unterhaltsberechtigten zuordnen. Dabei bietet es sich für einen Unterhaltsgläubiger bei der Vollstreckung wegen seiner gesetzlichen Unterhaltsansprüche in das P-Konto an, gemäß § 2 Nr. 1 ZVFV im amtlichen Formular auf Seite 8 Folgendes einzutragen:

 

Rz. 4

Hier ist anzugeben, wie viel weitere gleichrangige Unterhaltsberechtigte neben dem Vollstreckungsgläubiger noch vorhanden sind, z. B. ein bzw. zwei weitere minderjährige Kinder. Auf Seite 10 des Formulars sollte dann folgender "nicht amtlicher Hinweis" erfolgen:

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