Leitsatz

  • Jahresabrechnung überholt Wirtschaftsplan

    Amtsermittlung und Mitwirkungspflicht

    Wechsel des persönlich haftenden Gesellschafters bei Verwaltungs-KG

 

Normenkette

§ 26 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 1, 2 WEG, § 161 HGB, § 131 HGB, § 12 FGG

 

Kommentar

1. Ein Anspruch auf Wohngeldzahlung kann grundsätzlich dann nicht mehr auf einen beschlossenen Wirtschaftsplan gestützt werden, wenn ein Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung vorliegt. Sobald nämlich ein Anspruch aus der Jahresabrechnung abgeleitet werden kann, ist es nicht mehr möglich, für denselben Zeitraum einen Anspruch auf den Wirtschaftsplan zu stützen. Im vorliegenden Fall ging der Senat davon aus, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des LG bereits eine Jahresabrechnung beschlossen worden sein musste. Hier hätte das LG im Rahmen richterlicher umfassender Aufklärung von Amts wegen ( § 12 FGG) Ermittlungen anstellen müssen, da sich die Notwendigkeit hierfür geradezu aufdrängte. In der Nichtaufklärung liegt allerdings im vorliegenden Fall kein kausaler Verfahrensmangel, da bei entsprechendem Hinweis die Antragstellerseite ohne weiteres allein die Begründung ihres unveränderten Antrages entsprechend ändern hätte können.

2. Die Begründungsänderung ist insbesondere deshalb grds. notwendig, da eine Wohngeldschuld nach endgültiger Abrechnungsgenehmigung niedriger sein könnte als die Summe der nach Wirtschaftsplan zu leistenden Vorauszahlungen. Kann - wie im vorliegenden Fall - davon ausgegangen werden, dass sich bei einer zwischenzeitlich beschlossenen Jahresabrechnung kein geringerer Betrag als der streitgegenständliche (auf Vorauszahlungsbasis eingeklagte) ergibt, besteht kein Anlass zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung. Ein Anspruchsschuldner hätte sich sicher darauf berufen, nach beschlossener Jahresabrechnung einen geforderten Betrag nicht oder nicht mehr in voller Höhe schulden zu müssen. Die Amtsermittlungspflicht findet nämlich dort ihre Grenze, wo angenommen werden kann, dass ein Beteiligter eine für ihn günstige Tatsache ohne Zweifel im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht vorgetragen hätte.

Bei einem eingeklagten Vorauszahlungsanspruch nach Wirtschaftsplan handelt es sich auch nicht um einen völlig anderen Anspruch gegenüber einem solchen, der aus einer Jahresabrechnung abgeleitet wird. In beiden Fällen handelt es sich um Kosten und Lasten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG, wenn die entsprechenden Beschlüsse nach § 28 WEG gefasst sind. Die Ansprüche stehen im Verhältnis des vorläufigen zum endgültig festgestellten Anspruch.

Diese Rechtsfolge enthebt die Tatsachengerichte jedoch nicht der grundsätzlichen Verpflichtung, in vom Sachverhalt gebotenen Fällen auf eine Klärung hinzuwirken, ob der Wirtschaftsplan, auf den sich ein ursprünglicher Zahlungsanspruch stützt, noch im Laufe des Verfahrens durch die Jahresabrechnung überholt wurde.

3. Am Fortbestand einer Verwaltereigenschaft einer mehrgliedrigen Kommanditgesellschaft ändert sich i. ü. nichts bei Wechsel des persönlich haftenden Gesellschafters.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 30.03.1988, BReg 2 Z 80/87)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Nach dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt haben wohl alle Beteiligten bis zum Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung übersehen, dass eine Antragsbegründung geändert, d. h. auf das festgestellte Einzelabrechnungssaldo nach zwischenzeitlich genehmigter Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen hätte umgestellt werden müssen.

Dennoch hat der Senat mehr aufgrund hypothetischer Überlegungen von einer Zurückverweisung der Sache Abstand genommen, sicher in wohlverstandenem Interesse der Anspruchsgläubiger, aber eben doch in nur unterstellter Vermutung, dass die Wohngeldschuld (nach Abrechnung) nicht niedriger geworden sein könne, da sich andernfalls der Schuldner auf eine niedrigere Schuld nach Saldierung in seiner Einzelabrechnung berufen hätte. Insoweit wird also auch hier die Amtsermittlungspflicht nach § 12 FGG eingeschränkt; Verfahrensbeteiligte haben somit eine Mitwirkungspflicht, für sie günstige Tatsachen vorzutragen.

Diese Entscheidung kann also einer Anspruchsgläubigerseite helfen, wenn tatsächlich Anspruchsbegründungen nicht umgestellt und auf neue Anspruchsgrundlage gestützt werden (im Falle eines Wohngeldvorauszahlungsantrages mit überholender Jahresabrechnungsgenehmigung).

Ungeklärt blieb somit im vorliegenden Fall, ob tatsächlich die Restschuld nach genehmigter Abrechnung niedriger ausfiel als die eingeklagte Vorauszahlungsschuld; hierauf hätte jedoch allein der Schuldner hinweisen müssen. Etwas widersprüchlich erscheint mir dann jedoch die Schlussbemerkung des Senats, dass doch grundsätzlich die Gerichte der Tatsacheninstanzen verpflichtet wären, auf eine Klärung hinzuwirken.

Noch nicht entschieden ist i. ü. die mir sehr problematisch erscheinende Frage, wenn Vorauszahlungsansprüche gegen einen wohngeldsäumigen Veräußerer eingeklagt werden und sich dann in der Besitz- oder Eigentumszeit des E...

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