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Die Ehefähigkeit richtet sich grundsätzlich nach der Geschäftsfähigkeit. Die Trauleute müssen das 18. Lebensjahr vollendet haben (Art. 1350 Abs. 2 ZGB). Von dieser Voraussetzung kann das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit bzw., für Angehörige der muslimischen Minderheit in Thrakien, der Mufti (Präsidialdekret Nr. 52/2019 i.V.m. Gesetz Nr. 4511/2018) auf Antrag Befreiung erteilen, wenn die Ehe aus "wichtigem Grund" geboten ist.[12] Die Ehe eines Minderjährigen ohne die o.g. gerichtliche Erlaubnis ist nichtig (Art. 1372 ZGB).[13] Die Nichtigkeit kann jedoch geheilt werden, wenn die Erlaubnis nachträglich eingeholt wird oder der minderjährige Ehegatte das 18. Lebensjahr vollendet und die Ehe anerkannt hat.[14] Dass sich die Ehefähigkeit grundsätzlich nach der Geschäftsfähigkeit richtet, wird durch die Regelung des Art. 1351 ZGB deutlich. Danach kann der Geschäftsunfähige keine Ehe schließen. Nach Art. 128 ZGB ist geschäftsunfähig, wer das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und wer unter "völlig entziehender gerichtlicher Beistandschaft" steht. Ebenso kann derjenige eine Ehe nicht eingehen, der sich zur Zeit der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die Willensbestimmung entscheidend beeinträchtigenden Zustand seelischer oder geistiger Störung befand,[15] wie auch derjenige, der unter "teilweise entziehender gerichtlicher Beistandschaft" steht und dem die Eheschließung verboten ist.[16] Art. 1352 ZGB bestimmt jedoch, dass diejenigen, die unter völliger oder teilweise unterstützender gerichtlicher Beistandschaft stehen, mit Einwilligung ihres gerichtlichen Beistands eine Ehe schließen dürfen.[17] Die Ehefähigkeit griechischer Muslime[18] richtet sich im Übrigen nach dem islamischen heiligen Gesetz.[19] Eine Ehe durch Vertretung eines Ehegatten ist nicht möglich.

[12] Wichtiger Grund könnte z.B. die Schwangerschaft der minderjährigen Frau sein, vgl. Kounougeri-Manoledaki, Familienrecht, S. 69.
[13] Die Nichtigkeit der Ehe muss jedoch durch Gerichtsurteil anerkannt werden (siehe Rdn 9).
[17] Weigert sich der Beistand, seine Einwilligung zu erteilen, kann die Erlaubnis auch gerichtlich eingeholt werden (Art. 1352 Abs. 2 ZGB).
[18] Im Gegensatz zu den Angehörigen aller anderen Glaubensgemeinschaften, deren Ehefähigkeit sich nach dem gemeinen Recht richtet. Die besondere Stellung der griechischen Muslime ist durch internationale Abkommen verankert und wurde deswegen von der Einführung des ZGB (1946) nicht beeinflusst. Vgl. dazu Kastrissios, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, S. 28 Fn 25.
[19] Art. 4 Gesetz 147/1914 und Art. 5 Gesetz 1920/1991.

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