Bundestag beschließt Nachbesserung des Verbots von Kinderehen
Im Jahr 2016 lebten in der Bundesrepublik ca. 1.500 verheiratete Minderjährige. Der Bundestag hat im Jahr 2017 das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen verabschiedet.
Kinderehenbekämpfungsgesetz von Anfang an unter Kritik
Das Gesetz stand von Anfang an unter heftiger Kritik. Ist eine Ehe automatisch unwirksam, so entfallen für die Betroffenen auch sämtliche familienrechtlichen Ansprüche. Der vom Gesetzgeber bezweckte Schutz Minderjähriger wurde damit in einigen Fällen geradezu ins Gegenteil verkehrt. Nach einer Entscheidung des BVerfG entspricht das Prinzip der Nichtigkeit von Kinderehen allerdings grundsätzlich der Werteordnung des GG sowie den Beschlüssen des Nachhaltigkeitsgipfels der Vereinten Nationen vom September 2015, die die weltweite Überwindung der Praxis von Kinderehen zum Ziel haben.
Kinderehenbekämpfungsgesetz teilweise verfassungswidrig
Das BVerfG hat das Gesetz Anfang 2023 dennoch in Teilen für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, das Gesetz bis zum 30.6.2024 nachzubessern. Die in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB getroffene Regelung zur Unwirksamkeit von Kinderehen berücksichtigt nach Auffassung der Verfassungsrichter nicht ausreichend die rechtlichen und praktischen Folgen. Insbesondere das Fehlen einer Regelung zu Unterhaltsansprüchen der betroffenen Minderjährigen und das Fehlen einer Regelung zu einer Heilung der Nichtigkeit der Ehe durch eine erneute Eheschließung nach Erreichen der Ehefähigkeit seien aus verfassungsrechtlicher Sicht inakzeptabel (BVerfG, Beschluss v. 1.2.2023, 1 BvL 7/18).
Nachbesserungsfrist läuft am 30.6.2024 ab
Das BVerfG erklärte das Kinderehenbekämpfungsgesetz zwar nicht für komplett verfassungswidrig, ergänzte die Regelung aber durch eigenes normvertretendes Übergangsrecht, wonach betroffenen Minderjährigen unter anderem Unterhaltsansprüche entsprechend § 1360,1360a BGB gegen ihren Partner zustehen. Kurz vor Ablauf der vom BVerfG vorgegebenen Nachbesserungsfrist hat die Bundesregierung nun den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen beschlossen.
Wesentlicher Inhalt des Gesetzesentwurfs
Der Entwurf enthält entsprechend den Vorgaben des BVerfG folgende Regelungen:
- Das Prinzip der Unwirksamkeit einer im Ausland geschlossenen Kinderehe, d.h. eine Ehe mit einer Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bleibt bestehen.
- Eine Eheschließung, an der eine Person beteiligt ist, die 16 Jahre alt aber noch nicht volljährig ist, ist wirksam, kann aber durch richterliche Entscheidung gemäß §§ 1313, 1314 Abs. 1 Nr. 1 BGB aufgehoben werden (entspricht der bisherigen Rechtslage).
- Gemäß § 1305 Abs. 1 BGB-E sollen im Fall der Unwirksamkeit einer Kinderehe die Vorschriften über eheliche und nacheheliche Unterhaltsansprüche entsprechend angewendet werden.
- Gemäß § 1305 Abs. 2 BGB-E soll eine unwirksame Ehe nach Eintritt der Ehefähigkeit geheilt werden können, wenn die Betroffenen im Inland die Ehe erneut schließen. Die Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses ist in diesen Fällen nicht erforderlich.
- Nach einer erneuten Eheschließung wird die Ehe als von Anfang an wirksam behandelt.
Opposition kritisiert Reform als Minimallösung
Bundesjustizminister Marco Buschmann betont, dass der Gesetzentwurf der Werteordnung unseres Grundgesetzes und den Vorgaben des BVerfG entspricht. Kritik kommt aus den Reihen der Union. Gefordert wird u.a. eine Beratungspflicht vor einer Wiederheirat, dezidierte Regeln zur Abstammung von aus einer Kinderehe hervorgegangenen Kindern sowie erbrechtliche Regelungen. Die Union hat bereits in Aussicht gestellt, dass das Gesetz wegen unvollständiger bzw. fehlender Regelungen zu diesen Punkten erneut in Karlsruhe landen könnte.
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