Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 15 WEG
Kommentar
Eine Gemeinschaft hatte den Mehrheitsbeschluss gefasst, dass "im Flur Kinderwägen grundsätzlich abgestellt werden können, wobei der Kellereingang freizuhalten ist".
LG und OLG erklärten diesen Beschluss auf Anfechtung hin - im konkreten Fall aufgrund der Abmessungen des verhältnismäßig kleinen Hausflures - für ungültig, da der Beschluss als Regelung der Hausordnung zu weit gefasst sei und deshalb nicht allen Beteiligteninteressen ausreichend Rechnung trage.
Im Rahmen solcher Entscheidungen müssten Grundsätze gegenseitiger Rücksichtnahme, öffentlich-rechtliche Bestimmungen und auch Erfordernisse der Verkehrssicherungspflicht beachtet werden.
Aufgrund der räumlichen Verhältnisse des Flures im EG (beengte Verhältnisse) entspreche der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da durch die Wortwahl "grundsätzlich" eine Beschränkung nicht für jedermann ohne weiteres erkennbar sei und auch jegliche Maßstäbe fehlten, wie selbst bei verständnisvollem Abstellen mehrerer Kinderwägen unter Ausnutzung des vorhandenen Raumes verfahren werden solle. Vor den Wohnungstüren und dem Treppenaufgang könnten bei Gültigkeit des Beschlusses Benutzungserschwernisse eintreten. Jeder Treppenraum müsse i. ü. einen sicheren, möglichst kurzen Verbindungsweg ins Freie haben, wobei der Verbindungsweg und der Ausgang mindestens so breit wie die zugehörige notwendige Treppe sein müssten (mind. 1 m Breite hinsichtlich allgemein zugänglicher Flure).
Das Gericht könne hier nicht ersatzweise den ungültigen Beschluss durch eine neue Regelung ersetzen, da entsprechende Neuregelung (auch unter Berücksichtigung der Lichtschaltung) Sache der Wohnungseigentümer sei.
Link zur Entscheidung
( OLG Hamburg, Beschluss vom 28.10.1992, 2 Wx 10/91= PuR 4/93, 88)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Bei solchen und ähnlichen Hausordnungsregelungsbeschlüssen sollte also stets auf die konkreten Flurräumlichkeiten abgestellt werden, um Beschlussungültigkeitsrisiken zu vermeiden. Auch an die (vielleicht nur begrenzt) mögliche Zahl der abzustellenden Kinderwagen ist zu denken (gerechte Regelung?). Ungehinderter Zugang zu einer Treppe und zu Wohnungseigentumstüren muss stets gewährleistet bleiben, schon aus bausicherheitsrechtlichen Gründen, aber auch aus den auch Eigentümern obliegenden Verkehrssicherungspflichten.
In einem ähnlich gelagerten Fall hatte das OLG Düsseldorf einmal (mit Entscheidung vom 12. 12. 1983, ETW, Gruppe 5, S. 68g) einen Mehrheitsbeschluss auf Untersagung des Abstellens eines Krankenfahrstuhles im Bereich der Haustür unter den Briefkästen für inhuman und gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB verstoßend als nichtig bezeichnet.