Leitsatz (amtlich)

Der Widerspruch gegen Säumniszinsen bzw. Säumniszuschläge hat keine aufschiebende Wirkung, weil sie zu den öffentlichen Kosten und Abgaben zählen.

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Beschluss vom 28.06.2005)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 28. Juni 2005 abgeändert. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird vollen Umfangs abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 47,– Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Der Antragsteller, der zunächst vorläufigen Rechtsschutz gegen die Erhebung von Aussetzungszinsen und Säumniszuschlägen begehrt hatte, wendet sich nunmehr nur noch gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen.

Im März 2001 zog die Antragsgegnerin den Antragsteller zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 18.721,14 DM = 9.571,97 Euro heran. Im April 2001 setzte die Antragsgegnerin die Vollziehung aus dem Erschließungsbeitragsbescheid aus. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2002 verminderte die Antragsgegnerin den Erschießungsbeitrag auf 9.437,74 Euro; im Übrigen blieb der Widerspruch des Antragstellers erfolglos. Im Termin vor dem Verwaltungsgericht am 8. November 2004 nahm der Antragsteller seine Klage zurück. Am 28. Dezember 2004 bezahlte er den Erschließungsbeitrag.

Mit Bescheid vom 24. Januar 2005 setzte die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller Aussetzungszinsen für die Zeit vom 18. April 2001 bis zum 8. November 2004 in Höhe von 1.974,– Euro fest. Mit einem weiteren Bescheid vom gleichen Tage forderte die Antragsgegnerin für die Zeit vom 9. November 2004 bis zur Zahlung am 28. Dezember 2004 Säumniszuschläge in Höhe von 188,– Euro.

Der Antragsteller erhob gegen beide Bescheide Widerspruch und forderte zudem, ihm die Aussetzungszinsen und Säumniszuschläge aus Billigkeitsgründen zu erlassen. Außerdem hat er vorläufigen Rechtsschutz begehrt.

Mit Beschluss vom 28. Juni 2005 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 24. Januar 2005 über die Erhebung der Säumniszuschläge aufschiebende Wirkung habe. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. In der Begründung heißt es, bei den Säumniszuschlägen handele es sich nicht um öffentliche Abgaben oder Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, so dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht entfalle. Hinsichtlich der Aussetzungszinsen bleibe sein Begehren dagegen ohne Erfolg.

Hiergegen hat (nur) die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist auch hinsichtlich der Säumniszuschläge abzulehnen. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2005 über die Erhebung der Säumniszuschläge hat keine aufschiebende Wirkung (1). Es besteht auch kein Grund, gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen (2). Ebenso wenig kann dem Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung Vollstreckungsschutz gewährt werden (3).

1. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin hat nicht nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung, weil die Säumniszuschläge zu den „öffentlichen Abgaben und Kosten” im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zählen.

a) Die Frage, ob Säumniszinsen oder Säumniszuschläge zu den „öffentlichen Abgaben und Kosten” im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu rechnen sind, ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. bejahend: OVG Bremen, Beschl. v. 6.4.1993 – 1 B 6/93 = Juris; VGH Kassel, Beschl. v. 27.9.1994 – 5 TH 1485/93 = KStZ 1995 S. 237 unter Aufgabe der früheren gegenteiligen Rechtsprechung; OVG Münster, Beschl. v. 31.8.1983 – 3 B 538/83 = KStZ 1984 S. 17; VG Weimar, Beschl. v. 5.2.1999 – 6 E 2522/98. We = Juris; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl. 2004, § 24 Rdnr. 58; Lauenroth/ Sauthoff in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2003, § 12 Rdnr. 113 ff.; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, Stand: Januar 2003, § 80 Rdnr. 62; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Stand: August 2004, § 240 Rdnr. 86; Rüsken in Klein, AO, 8. Aufl. 2003, § 240 Rdnr. 3; anderer Auffassung: OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.1.1988 – 9 B 104/87 = NVwZ-RR 1989 S. 325; OVG Koblenz, Beschl. v. 29.9.1998 – 6 B 11833/98 = KStZ 2000 S. 77; VGH München, Beschl. v. 25.11.1998 – 4 ZS 98.2660 = Juris; OVG Bautzen, Beschl. v. 22.2.1996 – 2 S 242/95 = Juris; Funke-Kaiser in Bader, VwGO, 3. Aufl. 2005, § 80 Rdnr. 27; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 80 Rdnr. 63; Schoch in Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rdnr. 116).

b) Der Senat folgt in diesem Streit nicht dem Verwaltungsgericht, sondern der – auch von der Antragsgegnerin vertretenen – erstgenannten Auffassung.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO entspricht es dem Sinn der mit dieser ...

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