Leitsatz (amtlich)

Gelegentlicher Cannabiskonsum kann grundsätzlich, wenn einer der in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung genannten weiteren Umstände wie die fehlende Trennung von Konsum und Fahren hinzutritt, die Nichteignung begründen, ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug, insbesondere ein Mofa, zu führen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung darf im Falle der nach § 3 Abs. 1 FeV ausgesprochenen Untersagung, ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug zu führen, wegen der Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer regelmäßig erfolgen und in allgemeiner Form mit der Ungeeignetheit des Betroffenen begründet werden.

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Beschluss vom 11.02.2005)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 11. Februar 2005 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere nach §§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Oberverwaltungsgerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft das Beschwerdegericht nur die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde in der Sache keinen Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht bereits deshalb (teilweise) Erfolg, weil die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. September 2004 gegebene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung bzw. die Begründung, mit der die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2005 aufrechterhalten hat, soweit es um die Untersagung geht, ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug zu führen, nicht dem Gebot des § 80 Abs. 3 VwGO genügen. Dieses wäre nur dann der Fall, wenn es an einer Begründung fehlt, sich eine tatsächlich gegebene Begründung in einer Wiederholung des Gesetzeswortlautes erschöpft, sie über allgemeine, den zu entscheidenden Einzelfall unberücksichtigt lassende Formeln nicht hinausgeht oder sich in anderer Weise erweist, dass die Behörde das Regel-Ausnahme-Prinzip des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO missachtet hat (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.6.1996 – OVG Bs III 106/96 –). So liegt es hier jedoch nicht. Die Antragsgegnerin hat zur Begründung in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt, dass der Antragsteller – derzeit – als ungeeignet anzusehen sei, ein Mofa zu führen, und dass von ungeeigneten Fahrern eines Kraftfahrzeugs eine erhöhte Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer ausgehe. Weiter hat sie auf die schützenswerten und besonders hoch zu bewertenden Interessen anderer Verkehrsteilnehmer abgestellt, den Gefahren für Gesundheit und Leben, die von einem ungeeigneten Verkehrsteilnehmer ausgehen, nicht ausgesetzt zu werden.

Indem die Antragsgegnerin zudem dargetan hat, dass diesem Interesse nur dadurch Rechnung getragen werden könne, dass die verfügte Untersagung schon vor dem Abschluss eines Rechtsmittelverfahrens „vollstreckbar” werde, hat sie überdies deutlich gemacht, dass der Antragsteller ohne die Anordnung des Sofortvollzugs Rechtsgüter anderer Menschen vor Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung gefährden könnte. Diese Begründung zeigt, dass einer der Zwecke des § 80 Abs. 3 VwGO, nämlich die Verwaltung dazu anzuhalten, die Notwendigkeit einer sofortigen Vollziehung sorgfältig zu prüfen, hier erreicht worden ist. Sie genügt darüber hinaus dem weiteren Zweck der Vorschrift, den betroffenen Bürger in die Lage zu versetzen, seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels abzuschätzen.

Dem Antragsteller ist zwar einzuräumen, dass die von der Antragsgegnerin gewählten Begründungen mehr oder weniger für sämtliche Fälle der Untersagung des Führens eines erlaubnisfreien Kraftfahrzeugs passen. Diese Allgemeinheit ist jedoch kein Mangel der Begründung, der ihre Aufhebung zur Folge haben müsste.

Der Beschwerdesenat hat für die Entziehung der Fahrerlaubnis entschieden, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung abweichend von dem Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO nicht nur ausnahmsweise, sondern wegen der Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer regelmäßig erfolgen und in allgemeiner Form mit der Ungeeignetheit des Kraftfahrers begründet werden darf (Beschl. v. 25.4.1995 – OVG Bs VII 42/95 –; Beschl. v. 4.6.2002 – 3 Bs 85/02 –).

Diese Bewertung des Vollziehungsinteresses, die den Umfang der Begründungspflicht mindert, ist in dem zur Entscheidung stehenden Fall nicht deshalb in Frage zu stellen, weil es hier nicht um die Entziehung einer Fahrerlaubnis, sondern um die Untersagung, ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug zu führen, geht. Die Gefahren, die von dem Führer eines erlaubnisfreien Kraftfahrzeugs ausgehen, mögen zwar etwas geringer einzustufen sein als diejenigen, die ungeeignete Kraftfahrer ve...

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