Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Freistellung eines Sonnenschutzdaches von der Baugenehmigungspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Sonnenschutzdach, das aus einer Metallrahmenkonstruktion und darin geführten beweglichen Bahnen aus Markisenstoff besteht und das einerseits an der Gebäudewand befestigt ist und andererseits von ca. 5 m vor dem Gebäude einbetonierten Metallpfosten getragen wird, ist nach hamburgischem Recht nicht als „Markise” von der Baugenehmigungspflicht freigestellt.
2. Als Sonnen- und Wetterschutz für eine zur Gästebewirtung bestimmte Terrassenfläche einer Gaststätte kann ein solches Schutzdach nicht auf der Grundlage von § 23 Abs. 5 BauNVO außerhalb einer Baugrenze zugelassen werden.
Verfahrensgang
VG Hamburg (Urteil vom 19.02.2003) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Februar 2003 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass eine von ihm gewerblich genutzte Anlage keiner Baugenehmigung bedarf, hilfsweise eine Baugenehmigung für die Errichtung dieser Anlage.
Der Kläger betreibt – nach eigenen Angaben seit November 2001 allein – auf einem Grundstück in Winterhude (…), welches eine Belegenheit an den Straßen S-Straße und X-Straße hat, ein Restaurant. Die Gaststätte – welche in einem fünfgeschossigen aus der Gründerzeit stammenden Gebäude untergebracht ist – umfasst neben den Räumen im Souterrain, wo 60 Gäste Platz finden, auch vorgelagerte Terrassen- und Grünflächen.
Der Bebauungsplan Winterhude 18 vom 12. Juni 1985 (GVBl. S. 139) setzt für das Grundstück allgemeines Wohngebiet (WA 5 g) fest. Die überbaubare Fläche wird durch Baugrenzen bestimmt. Die parallel zur S-Straße liegende vordere Baugrenze verläuft in etwa entlang der Gebäudefront.
Die zur S-Straße ausgerichtete Terrasse, die diese Baugrenze in voller Tiefe überschreitet, wurde als Sommerterrasse durch Bescheid vom 4. März 1999 – geändert durch Bescheid vom 2. August 1999 – für gewerbliche Zwecke baurechtlich im Befreiungswege genehmigt. Danach darf die Terrasse – die bis zu 5 Meter tief ist und 30 Gästen Platz bietet – bis etwa 3,50 Meter an die S-Straße heranreichen. Zwischen der Terrasse und dem Fußweg befinden sich Büsche und eine Hecke.
Am 17. Juli 2000 beantragte die damalige Betreiberin bei der Beklagten eine Baugenehmigung für eine – zu diesem Zeitpunkt bereits errichtete – Anlage, die in den Bauunterlagen als „einfahrbare Pergolamarkise” bezeichnet wird. Sie besteht aus einer Metallrahmenkonstruktion, in welcher ein Dach aus zwei Stoffbahnen mit Hilfe eines Elektromotors ein- und ausgefahren werden kann. Die Anlage, die an der Südwestfront des Hauses mit der Außenwand verschraubt ist, hat eine Tiefe von 5,60 m, ist 11,50 m breit und erreicht an der Wand – über Straßenniveau – eine Höhe von 2,70 m. Zu der Stützkonstruktion gehören auch drei im Boden einbetonierte Rohrsäulen, die etwa 5,20 m von der Hauswand entfernt stehen. Zumindest seitlich können in die Anlage Schutzplanen eingehängt werden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Bauvorlagen und die im Termin von der Beklagten überreichten Fotografien (Bl. 137 f. d. A.) verwiesen.
Durch Bescheid vom 1. September 2000 lehnte die Beklagte die Erteilung einer Baugenehmigung für die Anlage ab. Sie widerspreche öffentlich-rechtlichen Vorschriften, denn sie überschreite die Baugrenze um 5,00 Meter. Eine bauplanungsrechtliche Befreiung werde nicht erteilt. Die beantragte Sitzplatzüberdachung verunstalte das schöne Gebäude und beeinflusse das Ortsbild negativ. Die Erteilung einer Genehmigung würde im Übrigen einen unerwünschten Vorbildfall darstellen.
Im hiergegen am 25. September 2000 eingelegten Widerspruch wurde ausgeführt, dass die kühlen Witterungsverhältnisse im Frühjahr und Sommer Anlass für die Errichtung der Anlage gewesen seien. Die Anlage beeinflusse das Ortsbild nicht negativ und beeinträchtige auch nicht den Vorgarten, da sie die Pflanzflächen nicht überdecke. Zudem sei die Anlage nicht genehmigungspflichtig, da sie als „Markise” unter die Regelungen der Hamburgischen Baufreistellungsverordnung (BauFreiVO) vom 5. Januar 1988 (HmbGVBl. S.1) falle.
Durch Widerspruchsbescheid vom 31. August 2001 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Für die Anlage sei eine Baugenehmigung erforderlich, weil sie nicht als „Markise” im Sinne der Baufreistellungsverordnung angesehen werden könne. Die einschlägige Vorschrift gelte nur für untergeordnete bauliche Anlagen und Bauteile, zu welcher das beantragte Vorhaben aufgrund seiner Ausmaße und Bauweise nicht mehr zähle. Die ...