Zusammenfassung
Das bloße Mitführen von Mobiltelefonen oder anderen Geräten, mit denen die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft aufgezeichnet werden könnte, darf Aktionären nicht grundsätzlich untersagt oder der Zutritt zur Hauptversammlung bei Weigerung verwehrt werden.
Hintergrund
Das Recht der Aktionäre auf Teilnahme an der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft stellt ein grundlegendes Mitgliedschaftsrecht dar und darf nur eingeschränkt werden, soweit dies erforderlich ist, um den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung sicherzustellen. Eine unzulässige Beschränkung des Teilnahmerechts kann die Anfechtbarkeit von Beschlüssen, die auf dieser Hauptversammlung gefasst werden, zur Folge haben. Das Kammergericht in Berlin hatte sich in seiner Entscheidung mit der Frage zu befassen, ob ein Verbot, private Geräte mitzuführen, die sich zur Anfertigung von Bild- oder Tonaufnahmen eignen, das Teilnahme-recht der Aktionäre verletzt.
Sachverhalt
In dem vom Kammergericht entschiedenen Fall stritten eine Aktiengesellschaft als Beklagte und mehrere ihrer Aktionäre als Kläger über die Rechtmäßigkeit verschiedener Hauptversammlungsbeschlüsse.
Die Einladung zu dieser Hauptversammlung hatte den Hinweis enthalten, dass Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptversammlung zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Aktionäre nicht gestattet seien und Geräte, die sich zur Bild- oder Tonaufnahme eignen, von den Aktionären nicht mitgeführt werden dürfen. Um die Einhaltung dieses Mitführverbots sicherzustellen, wurden am Eingang zum Versammlungsraum Einlasskontrollen durchgeführt.
Die Beklagte bot am Ort der Hauptversammlung abschließbare Spinde zur Aufbewahrung der untersagten Geräte an. Zudem stellte sie den Teilnehmern im Versammlungssaal PCs mit Internetzugang zur Verfügung. Daneben wies die Gesellschaft die Anwesenden durch entsprechende Beschilderung im Eingangs- und Präsenzbereich darauf hin, dass ein Dienstleister wichtige Anrufe für sie unter einer Notfallnummer entgegennehmen und die Teilnehmer im Falle eines Anrufs umgehend informieren würde.
Einigen der klagenden Aktionäre wurde der Zutritt zur Hauptversammlung verwehrt, nach-dem sie sich geweigert hatten, bei der Einlasskontrolle ihre Mobiltelefone und Laptops abzugeben. Die übrigen Kläger nahmen an der Hauptversammlung teil, erklärten jedoch ihren Widerspruch zu den gefassten Beschlüssen zu Protokoll.
Das Landgericht Berlin gab der Anfechtungsklage statt und erklärte die angefochtenen Beschlüsse für nichtig. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein.
Entscheidung des Kammergerichts
Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Zur Begründung führte es aus, dass die Kläger durch das Mitführverbot in ihrem Teilnahmerecht verletzt worden seien.
Das Kammergericht stellte zunächst fest, dass die Satzung der Beklagten keine Regelung zum Mitführen bestimmter Geräte in der Hauptversammlung enthalte, die das Mitführverbot rechtfertigen könne.
Das Verbot, die entsprechenden Geräte mit in den Versammlungssaal zu nehmen, sei auch nicht von der Ordnungsbefugnis des Versammlungsleiters gedeckt gewesen, sondern stelle vielmehr eine unzulässige Beschränkung des Rechts der Aktionäre auf Teilnahme an der Hauptversammlung dar. Dieses Recht gelte zwar nicht schrankenlos, sondern finde seine Grenzen in der Befugnis des Versammlungsleiters, die Hauptversammlung ordnungsgemäß abzuwickeln. Der Versammlungsleiter habe bei der Wahrnehmung seiner Ordnungsbefugnisse aber insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren. Das Mitführverbot sei indes nicht verhältnismäßig gewesen.
In seiner Prüfung der Verhältnismäßigkeit stellte das Kammergericht zunächst fest, dass das Mitführverbot einen legitimen Zweck verfolgt habe, nämlich die Durchsetzung des (grundsätzlich zulässigen) Verbots, Bild- oder Tonaufzeichnungen anzufertigen. Das Mitführverbot sei auch geeignet gewesen, dieses Ziel zu erreichen. Zwar könnten heimliche Aufzeichnungen dadurch nicht vollständig ausgeschlossen werden. Für die Geeignetheit einer Maßnahme sei aber ausreichend, dass das gewählte Mittel den Zweck zumindest fördere, was hier der Fall gewesen sei.
An der Erforderlichkeit des Mitführverbots äußerte das Kammergericht aber schon erhebliche Zweifel. Insbesondere bestünde ein milderes Mittel zur Verhinderung von Ton- oder Videoaufnahmen darin, die Mitführung entsprechender Geräte nur unter Nutzung von Kamera- und Mikrofonblockern (als Software oder Hardware) zu gestatten. Hierfür stünden bereits kostengünstige Lösungen zur Verfügung.
Die Erforderlichkeit des Mitführverbots könne aber dahinstehen, da es jedenfalls nicht angemessen gewesen sei. Denn das aus dem Eigentumsrecht des Art. 14 GG folgende Teilnahmerecht der Aktionäre überwiege das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Anwesenden, das in seiner Ausprägung als Recht am eigenen Bild und Recht am eigenen Wort sowohl gegen unerlaubte Ton- als auch Bildaufzeichnungen schütze.
Im Rahmen der Gewichtung des Persönlichkeitsrechts der Anwesenden sei zu berüc...