Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechts der Landesbeamten. Antragserfordernis. Beteiligung. Dienstunfähigkeit. Frauenbeauftragte. vorzeitig. Zurruhesetzung. Versetzung in den Ruhestand

 

Leitsatz (amtlich)

Am Verfahren über die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ist die Frauenbeauftragte ebenso wie die Personalvertretung nur auf Antrag des Beamten zu beteiligen.

 

Normenkette

HBG § 51 Abs. 1, § 53 Abs. 1; HGlG § 18 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; HPVG § 78 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

VG Kassel (Beschluss vom 20.09.2004; Aktenzeichen G 1341/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 20. September 2004 – 1 G 1341/04 – mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung abgeändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 13.986,41 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers – 1 E 1342/04 – gegen die Zurruhesetzungsverfügung des Regierungspräsidiums Gießen vom 31. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2004 nicht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wieder herstellen dürfen; denn die angefochtene Verfügung erweist sich als offensichtlich rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und ihre Vollziehung ist dringlich.

In formeller Hinsicht ist das Verwaltungsgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Zurruhesetzung des Antragstellers wegen Dienstunfähigkeit auf der Grundlage der §§ 51 Abs. 1, 53 Abs. 1 HBG von der hierfür sachlich und instanziell zuständigen Behörde verfügt worden ist. Insbesondere war der Regierungspräsident als Dienstvorgesetzter des Antragstellers für die beamtenrechtliche Weisung nach § 51 Abs. 1 Satz 3 HBG zuständig, und zwar kraft Sachzusammenhangs mit der ihm durch § 1 Abs. 1 Nr. 2b der Verordnung des Sozialministeriums vom 18. Juli 2000 (GVBl. I S. 402, 411) übertragenen Zuständigkeit in Personalangelegenheiten (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 16. September 1997 – 1 TG 2069/97 – HessVGRspr. 1998, 89).

Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht jedoch angenommen, die Verfügung vom 31. März 2004 sei wegen der unterbliebenen Beteiligung der Frauenbeauftragten formell rechtswidrig. Die Frauenbeauftragte war nicht zu beteiligen, so dass dahin stehen kann, ob ein subjektives öffentliches Recht des Antragstellers, der sich hierauf nicht berufen und die Beteiligung des Personalrats und der Frauenbeauftragten nicht beantragt hat, durch einen Mangel im Beteiligungsverfahren verletzt worden sein könnte.

Das Verwaltungsgericht stützt sich auf den Wortlaut des § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGlG, nach dem die Frauenbeauftragte das Recht hat, u. a. an personellen Maßnahmen im Sinne von § 78 HPVG beteiligt zu werden. Diese Verweisungsvorschrift erstrecke sich auf die Personalmaßnahme als solche, nicht aber auf das Erfordernis eines Antrags auf Beteiligung der Personalvertretung an einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 HPVG, so dass die Frauenbeauftragte an einer solchen Maßnahme von Amts wegen ohne Antragsbindung zu beteiligen sei (ebenso v. Roetteken, HGlG, Rn. 24 zu § 18; ders. in: v. Roetteken/Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, Rn. 102 zu § 51 HBG).

Dieser Auffassung vermag der Senat nicht beizupflichten; sie steht mit dem erkennbaren Sinn und Zweck der Beteiligungsermächtigung in § 18 Abs. 1 HGlG nicht in Einklang. Diese erstreckt sich nach dem Wortlaut der Sätze 1 und 2 der Vorschrift auf Maßnahmen der Dienststellenleitung zur Umsetzung dieses Gesetzes „diesbezügliche Maßnahmen”). Die Beteiligung der Frauenbeauftragten an den in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 – 4 beispielhaft aufgeführten Personalmaßnahmen ist im Licht des Gesetzeszwecks zu sehen, der sich unmissverständlich aus § 1 Satz 1 HGlG ergibt. Danach ist Ziel des Gesetzes der gleiche Zugang von Frauen und Männern zu öffentlichen Ämtern. Diesem Ziel dient nach der Vorstellung des Gesetzgebers insbesondere die berufliche Förderung von Frauen durch Verbesserung ihrer Zugangs-, Aufstiegs- und Arbeitsbedingungen (§ 1 Satz 2 HGlG).

Mit Rücksicht auf diesen Gesetzeszweck ist die Verweisungsnorm des § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGlG eng auszulegen. Belange der Frauenförderung sind jedenfalls in den Fällen der vorzeitigen Versetzung von Beamten in den Ruhestand nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 HPVG in der Regel nicht erkennbar berührt. Ist aber eine Beteiligung der Frauenbeauftragten ohne Bindung an den entsprechenden Antrag des Beamten aus frauenspezifischen Gesichtspunkten nicht geboten, so ist kein rechtlich tragfähiger Grund ersichtlich, den mit dem Antragserfordernis bezweckten Schutz der Persönlichkeitssphäre des betroffenen Beamten (vgl. zu § 78 Abs. 1 BPersVG: BVerwG, Urteile vom 12. März 1987 – 2 C 39.85 – ZBR 1987, 286 m. w. N. und vom 14. Januar 1988 – 2 B 64.87 – Buchholz 2...

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