Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsteuerbefreiung für Grundbesitz einer islamischen Kultusgemeinde
Leitsatz (redaktionell)
Die Grundsteuerbefreiung für jüdische Kultusgemeinden in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG gilt nicht für Verbände islamischer Kulturzentren.
Normenkette
GrStG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; GG Art. 3-4, 140; WRV Art. 137 Abs. 5
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 22.06.2010; Aktenzeichen II R 26/09) |
Tatbestand
Der Kläger, ein rechtsfähiger Verein mit Sitz in …, ist ein bundesweit operierender islamischer Dachverband mit etwa … Mitgliedern. Ihm angeschlossen sind etwa … Gemeindeverbände. … . Nach § 3 seiner Satzung bietet er den in Europa lebenden Menschen islamischen Glaubens soziale, kulturelle sowie religiöse Dienste zum Zwecke der Förderung der Erziehung, Bildung, Religion, Jugendfürsorge, Völkerverständigung und Integration. Nach § 5 Abs. 1 der Satzung soll diese Tätigkeit ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung dienen.
Der Kläger ist Eigentümer einer Vielzahl von bebauten Grundstücken, auf denen die einzelnen Gemeindeverbände entsprechend den Vorgaben der Satzung tätig sind. Hierzu gehört auch das Grundstück … in …. Für dieses Objekt war nach Umbauarbeiten zunächst mit Bescheid auf den 01.01.1999 vom 03.08.2000 ein Einheitswert von 42.400, -- DM (Grundstücksart: Gemischtgenutztes Grundstück mit überwiegend gewerblichem Anteil) und ein Grundsteuermessbetrag i.H.v. 148,40 DM festgestellt worden. Aufgrund eines Freistellungsbescheides des zuständigen Finanzamts … wurde hierbei dem Kläger für zu gemeinnützigen Zwecken genutzte Räume eine Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3b Grundsteuergesetz (GrStG) gewährt.
Am 14.11.2006 erhielt das hier beteiligte Finanzamt von der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts … eine den Kläger betreffende Kontrollmitteilung (mit Datum vom 27.10.2006). Nach dieser Mitteilung war dem Kläger aufgrund der Ergebnisse einer Betriebsprüfung bzw. Fahndungsprüfung die Gemeinnützigkeit rückwirkend ab 1997 aberkannt worden. Der entsprechende Körperschaftsteuerbescheid (für die Jahre 1997 bis 2004) vom 07.09.2006 war bestandskräftig geworden.
Aufgrund der vorgenannten Mitteilung stellte das Finanzamt mit Bescheid vom 29.11.2006 den Einheitswert auf den 01.01.2002 mit 73.779, -- EUR (statt bisher 21.678, -- EUR) für das Grundstück fest. Dabei versagte das Finanzamt die bisher gewährte Grundsteuervergünstigung und erfasste im Rahmen einer Wertfortschreibung auch die bisher von der Grundsteuer freigestellten Flächen.
Gegen den Bescheid vom 29.11.2006 legte der Kläger Einspruch ein. Er machte geltend: Zwar komme eine Befreiung von der Grundsteuer nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG wegen der Aberkennung der Gemeinnützigkeit nicht mehr in Betracht. Er, der Kläger, sei aber als Religionsgesellschaft im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 GrStG zu behandeln. Auf die Tatsache, dass er nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sei, komme es nicht an. Denn er sei im Wege der verfassungskonformen Auslegungen den jüdischen Kultusgemeinden gleichzustellen, die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 GrStG ohne den öffentlich-rechtlichen Status von der Grundsteuer befreit seien. Das Finanzamt wies den Rechtsbehelf mit Einspruchsentscheidung vom 01.06.2007 als unbegründet zurück. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 GrStG komme eine Grundsteuerbefreiung nur für Religionsgesellschaften mit dem Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in Betracht. Auch eine entsprechende Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 GrStG sei ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom 02.07.2007 hat der Kläger daraufhin Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Eine Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 GrStG dahin gehend, andere religiöse Vereinigungen wie ihn von der Grundsteuerbefreiung auszuschließen, sei verfassungswidrig. Die grundsteuerliche Begünstigung ausschließlich von jüdischen Kultusgemeinden verstoße sowohl gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) als auch gegen das in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG geregelte spezielle Gleichheitsrecht. Danach habe sich der Staat in Fragen des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses neutral zu verhalten. Diese Neutralität untersage insbesondere die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse ebenso wie die Ausgrenzung Andersgläubiger. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung dieser Diskriminierung sei nicht möglich. Insbesondere sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, dass durch die Vorschrift Anhänger des jüdischen Glaubens begünstigt werden sollen. Zwar seien durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) den öffentlich-rechtlichen Glaubensgemeinschaften bestimmte Sonderrechte eingeräumt. Die Rechtfertigung für diese Privilegierung sei jedoch stets streng zu prüfen und daher nur im Ausnahmefall gerechtfertigt. Ein solcher Ausnahmefall liege hier n...