Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht. Termingebühr. Besprechung am Telefon
Leitsatz (amtlich)
Zu einer Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG reicht es aus, wenn der zur Berufungsrücknahme entschlossene Berufungskläger telefonisch versucht, den Berufungsbeklagten zu einem Verzicht auf die Kostenerstattung zu bewegen. (Rechtsbeschwerde zugelassen).
Normenkette
RPflG § 11; VV RVG 3 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Hanau (Beschluss vom 21.12.2005; Aktenzeichen 2 Ca 395/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Hanau vom 21. Dezember 2005 – 2 Ca 395/04 – abgeändert:
Aufgrund des Beschlusses des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 31. Mai 2005 sind dem Beklagten von der Klägerin 3.420,61 Euro zu erstatten.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin aus einem Beschwerdewert von 1.456,03 Euro. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Am 04. März 2005 legte die im ersten Rechtszug unterlegene Klägerin beim Hessischen Landesarbeitsgericht Berufung ein gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 27. Januar 2005 (AZ.: 2 Ca 395/04; 16 Sa 421/05). Am 18. März 2005 meldete sich der Beklagtenvertreter für den Beklagten zu den Akten der zweiten Instanz. Am 29. März 2005 kam es zu einem Telefonat der Parteivertreter, dessen Inhalt im Detail streitig ist. Jedenfalls ging es dabei um die Rücknahme der Berufung und den eventuellen Verzicht des Beklagten auf Erstattung seiner Kosten. Mit Schriftsatz vom gleichen Tage, beim Hessischen Landesarbeitsgericht am 30. März 2005 eingegangen, nahm die Klägerin dann die Berufung zurück. Durch Beschluss vom 31. März 2005 wurden ihr die Kosten der Berufung auferlegt (Bl. 113 d. A.). Am 25. Oktober 2005 beantragte der Beklagte Kostenfestsetzung gegen die Klägerin für den zweiten Rechtszug aus einem zwischenzeitlich nach Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 21. Oktober 2005 festgesetzten Gebührenstreitwert von 46.642,56 Euro wie folgt:
1,6 Verfahrensgebühr, Berufung § 13, Nr. 3200 VV RVG |
1.673,60 Euro |
1,2 Terminsgebühr, Berufung § 13, Nr. 3202 VV RVG |
1.255,20 Euro |
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG |
20,00 Euro |
Zwischensumme netto |
2.948,80 Euro |
16 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
471,81 Euro |
zu zahlender Betrag |
3.420,61 Euro |
Die begehrte Terminsgebühr hat der Beklagte begründet mit der Behauptung, bei dem Telefonat der Prozessbevollmächtigten vom 29. März 2005 habe die Klägervertreterin eine eventuelle Berufungsrücknahme in Aussicht gestellt, falls der Beklagte auf die Geltendmachung der eigenen Gebühren verzichte. Dies sei abgelehnt worden, weil man bereits mit der Rechtsschutzversicherung abgerechnet habe. Gleichwohl, so hat der Beklagte gemeint, sei damit die begehrte Terminsgebühr angefallen.
Die Klägerin hat behauptet, bei dem Telefonat vom 29. März 2005 sei sie bereits zur Berufungsrücknahme entschlossen gewesen. Dies habe sie durch ihre Prozessbevollmächtigte dem Beklagtenvertreter auch mitgeteilt und unabhängig davon gebeten, auf die Gebührenerstattung zu verzichten. Damit sei, so die Meinung der Klägerin, die Terminsgebühr nicht entstanden.
Durch Beschluss vom 21. Dezember 2005 hat das Arbeitsgericht die dem Beklagten von der Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.964,58 Euro festgesetzt. Diese Summe ergibt sich bei Herausrechnung der begehrten Terminsgebühr nebst Mehrwertsteuer.
Nach Zustellung dieses Beschlusses am 31. Januar 2006 hat der Beklagte unter dem 14. Februar 2006 sofortige Beschwerde eingelegt unter Vertiefung seines Rechtstandpunktes. Die Klägerin hat ihre Rechtsposition ebenfalls weiter begründet.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde am 15. Februar 2006 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist gemäß den §§ 104 Abs. 3; 567 Abs. 2 ZPO; 11 RPflG; 78 ArbGG statthaft. Der Beschwerdewert von mehr als 200,00 Euro ist erreicht. Auch im Übrigen ist die sofortige Beschwerde zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht erhoben.
In der Sache ist die sofortige Beschwerde begründet. Zu Unrecht hat der Rechtspfleger beim Arbeitsgericht die ihrer Höhe nach unstreitige Terminsgebühr (nebst Mehrwertsteuer) in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. Dezember 2005 unberücksichtigt gelassen.
Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr (unter anderem) „für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber.”
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall mit dem Telefonat der Prozessbevollmächtigten am 29. März 2005 erfüllt, und zwar unabhängig davon, welche der diver...