Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsgespräch der Parteien mit dem Gericht als Auslöser für eine Terminsgebühr. Keine Terminsgebühr bei nur einem richterlichen Telefongespräch mit einer Partei
Leitsatz (amtlich)
1. Eine die Terminsgebühr auslösende Besprechung i.S.d. Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 RVG verlangt regelmäßig, dass beide Parteien sich inhaltlich auf ein Gespräch mit dem Ziel der einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens eingelassen haben.
2. Ein richterliches Telefonat über eine einvernehmliche Beendigung nur mit einer Partei stellt nicht schon eine Besprechung i.S.d. Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 RVG dar und kann für sich allein keine fiktive Terminsgebühr auslösen.
Normenkette
RVG § 2 Abs. 2 Anl. 1 Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, § 13
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 11.10.2018; Aktenzeichen 5 Ca 1165 b/17) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.10.2018, 5 Ca 1165 b/17, abgeändert:
Aufgrund des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 16.07.2018 - Az. 5 Sa 10/18 - sind der Klägerin von dem Beklagten 5.455,98 Euro zu erstatten.
Die außergerichtlichen Kosten trägt die Klägerin aus einem Beschwerdewert von 4.074,02 Euro.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten darüber, ob für den Berufungsrechtszug eine Terminsgebühr in den Kostenfestsetzungsbeschluss aufzunehmen ist.
Zwischen den Parteien bestand ein Arbeitsverhältnis. Nach einer Kündigung durch den Beklagten haben sie über deren Wirksamkeit und über das Bestehen von Zahlungsansprüchen der Klägerin gestritten. Nachdem die Klägerin erstinstanzlich obsiegt hatte, legte der Beklagte Berufung ein. Mit Verfügung vom 29.06.2018 unterbreitete das Landesarbeitsgericht den Parteien in Vorbereitung eines bereits anberaumten Termins zur Berufungsverhandlung einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag mit der Bitte um Rückäußerung bis zum 11.07.2018. Die Klägerin lehnte diesen ab und unterbreitete ihrerseits mit Schriftsatz vom 09.07.2018 einen Vergleichsvorschlag mit weit über den Vorschlag des Gerichtes hinausgehendem Begehren unter Einbeziehung nicht rechtshängiger Positionen. Die Vorsitzende Richterin führte daraufhin ein Telefonat mit dem Klägervertreter um zu erfragen, ob die Klägerin zu weiterem Entgegenkommen bereit sei. Am 13.07.2018 lehnte der Beklagtenvertreter jeglichen Vergleich ab und nahm gleichzeitig die Berufung zurück. Daraufhin wurden dem Beklagten mit Beschluss vom 16.07.2018 die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. Der Streitwert wurde nach Anhörung der Parteien auf 407.500,00 Euro festgesetzt.
Während der Berufungsinstanz wurden unstreitig keinerlei Gespräche zwischen den Parteien bzw. deren Prozessbevollmächtigten über eine Beendigung des Rechtsstreits geführt.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin begehrte mit Kostenfestsetzungsantrag vom 08.08.2018 wegen des Vergleichsvorschlages des Gerichts und des damit verbundenen Telefonats mit der Vorsitzenden Richterin für den zweiten Rechtszug auch die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr gem. § 13 RVG, Nr. 3202 VV RVG in Höhe von 3.423,60 Euro zzgl. Umsatzsteuer. Sein Kostenfestsetzungantrag lautet wie folgt:
Gegenstandswert: 407.500,00 €
Verfahrensgebühr
§ 13 RVG Nr. 3200 VV RVG
1,6
4.564,80 €
Terminsgebühr
§ 13 RVG Nr. 3202 VV RVG
1,2
3.423,60 €
Zwischensumme der Gebührenpositionen
7.988,40 €
Pauschale für Post und Telekommunikation
Nr. 7002 VV RVG
20,00 €
Zwischensumme netto
8.008,40 €
19 % Umsatzsteuer
Nr. 7008 VV RVG
1.521,60 €
Gesamtsumme
9.530,00 €
Das Arbeitsgericht ist dem nach Anhörung der Parteien gefolgt und hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.10.2018 die vom Beklagten an die Klägerin aufgrund des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts vom 16.07.2018 zu erstattenden Kosten auf 9.530,00 Euro festgesetzt. Der Beschluss wurde dem Beklagtenvertreter am 15.10.2018 zugestellt. Hiergegen hat der Beklagte am 16.10.2018 (Eingang) sofortige Beschwerde eingelegt.
Er wendet sich gegen die Entstehung einer 1,2 Terminsgebühr nach 3200 VV RVG im Berufungsverfahren mit dem Hinweis, dass mit der Beklagtenseite keinerlei Vergleichsgespräche geführt wurden und diese auch nicht vergleichsbereit gewesen sei. Ein - noch dazu nur mit einer Partei - geführtes Telefonat des Gerichts könne die Entstehung einer Terminsgebühr nicht auslösen.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht mit Beschluss vom 18.10.2018 zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht eine der Höhe nach unstreitige 1,2 Terminsgebühr in den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.10.2018 aufgenommen. Die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter hat keinen Anspruch auf die festgesetzte Terminsgebühr in Höhe von 3.423,60 Euro zzgl. Umsatzsteuer gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - Vergütungsverzeichnis (im Folgenden: VV RVG).
1. Nach dieser Bestimmung entsteht...