Leitsatz (amtlich)
Einzelfall einer wirksamen Wahl eines weiteren Angestellten-Vertreters (neben dem BR-Vorsitzenden, der Angestellter ist) zum stellvertretenden BR-Vorsitzenden einer Großbank.
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.11.1998; Aktenzeichen 17 BV 170/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 04. November 1998 – 17 BV 170/98 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Unwirksamkeit der von den Antragstellern (drei Betriebsratsmitglieder als Anfechtende und die … angegriffenen Wahl des Beteiligten zu 7. (Betriebsratsmitglied … zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden.
Die Beteiligte zu 5. betreibt eine … mit Zentrale in Frankfurt. Der Betriebsrat der Zentrale (Beteiligter zu 6.) besteht aus 29 Mitgliedern (27 Angestellte-, 2 Arbeiter-Vertreter).
In der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats am 20.04.1998 wurde u. a. die Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Betriebsrats durchgeführt. Der Beteiligte … wurde von einem betriebsintern sog. „gewerblichen Angestellten” … zur Wahl vorgeschlagen. Der Antragsteller zu 1. … wurde vom kaufmännischen Angestellten … vorgeschlagen (Bl. 10 d.A.). Auf Antrag des Antragstellers zu 2. … wurde geheim abgestimmt. Der Beteiligte zu 7. … erhielt 16, der Antragsteller zu 1. … 13 Stimmen. Mit dem gleichen Ergebnis war in der vorangegangenen Wahl … (Antragsteller zu 2.) dem jetzigen Vorsitzenden des Betriebsrats … unterlegen (Bl. 9,10 d.A.).
Die Antragsteller und die Beteiligte zu 4. haben sich erstinstanzlich auf den Standpunkt gestellt, einsichtige und vernünftige Gründe für ein Abweichen von der Sollvorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hätten nicht vorgelegen.
Sie haben beantragt,
festzustellen, dass die am 20.04.1998 durchgeführte Wahl des Arbeitnehmers … zum stellvertretenden Vorsitzenden des Betriebsrats rechtsunwirksam ist.
Die Beteiligten zu 6. (Betriebsrat) und 7. … haben Antragszurückweisung beantragt. Sie haben gemeint, die Wahl eines (weiteren) Angestellten zum Stellvertreter (neben dem Angestelltenvertreter … als Betriebsratsvorsitzendem) sei schon deshalb sachlich gerechtfertigt, weil die Gruppe der Arbeiter mit anhaltender Tendenz immer weiter geschrumpft sei. Der Trend, dass immer mehr zuvor von gewerblichen Arbeitnehmern verrichtete Tätigkeiten nunmehr von solchen im Angestelltenverhältnis wahrgenommen werden, habe sich in den 4 Jahren seit der letzten Betriebsratswahl (1994) verstärkt. So sei die Gruppe der Arbeiter von 332 im Jahr 1994 auf 170 im Zeitpunkt der streitigen Wahl (heute: 139) abgesunken, während die Zahl der Angestellten (von ca. 6.250 in 1998 auf ca. 7.000 1999) kontinuierlich gestiegen sei und so auch zukünftig weiter wachsen werde. Von daher konzentriere sich die zukünftige Betriebsratsarbeit eindeutig auf Angestelltenprobleme.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag aus den im Einzelnen aus Bl. 53 – 55 d.A. ersichtlichen Gründen zurückgewiesen.
Hiergegen wenden sich die Antragsteller und die Beteiligte zu 4. mit der Beschwerde und verfolgen ihr erstinstanzliches Anfechtungsziel weiter. Sie meinen, der durch das Gesetz verstärkte Minderheitenschutz verlange eine qualifizierte Vertretung der Minderheitsgruppe im Gremiumsvorsitz. Er habe gerade dann seine Funktion, wenn die Minderheitsgruppe bedeutungslos zu werden drohe. Nur wenn Eignungsargumente dem Minderheitenkandidaten entgegenstünden, könne von der Soll-Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 BetrVG abgewichen werden. Das habe das Bundesarbeitsgericht in einem früheren Wahlanfechtungsverfahren betreffend den Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden in der Zentrale der Beteiligten zu 5. ebenso gesehen.
Die Beteiligten zu 6. und 7. beantragen Beschwerdezurückweisung. Sie verteidigen die Erstentscheidung mit ergänzenden Rechtsausführungen. Sie meinen, bei der objektiven Gewichtung der Sachgründe komme gerade dem zahlenmäßigen Verhältnis Angestellte zu Arbeitern erhebliches Gewicht zu. Auch dürften an die erforderlichen sachlichen und vernünftigen Gründe für ein Abweichen von der Sollvorschrift keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.
Ergänzend wird auf den sonstigen Akteninhalt erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
Für die Abweichung von der Sollvorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 2 BetrVG bei der Wahl des Beteiligten zu 7. zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden lagen vernünftige und einsichtige Gründe vor.
1.
Der auf Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl gerichtete Antrag ist dahin auszulegen, dass eine richterliche Gestaltungsentscheidung des Inhalts begehrt wird, die streitige Wahl zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden für unwirksam zu erklären.
Nach Hinweis auf diese Auslegungsbedürftigkeit (vgl. BAG, Beschluss vom 08.04.1992 – 7 ABR 71/91 – AP Nr. 11 zu § 26 BetrVG 1972 zu B I d.Gr.) hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller eine solche Ausl...