Amazon entlässt Betriebsratsvorsitzenden

Der Betriebsrat von Amazon verweigerte die Zustimmung zur fristlosen Kündigung seines Vorsitzenden, dem der Arbeitgeber Arbeitszeitbetrug vorwarf. Das Arbeitsgericht Lüneburg ersetzte auf Antrag des Arbeitgebers die Zustimmung. Zu Recht, entschied jetzt das LAG Niedersachsen.

Der Betriebsratsvorsitzende des Amazon-Logistikzentrums Winsen an der Luhe war im November 2022 gemeinsam mit drei weiteren Betriebsratsmitgliedern seines Gremiums für drei Tage zum Deutschen Betriebsrätetag in Bonn gereist. Die Rückreise erfolgte gegen Mittag des dritten Tages. In seinem Arbeitszeitnachweis gab der Betriebsratsvorsitzende unter anderem an, er habe am zweiten Tag von 13 bis 16 Uhr sowie von 19 bis 22 Uhr Betriebsratsarbeit geleistet.

Geschwänzt oder gearbeitet?

Der Arbeitgeber warf dem Betriebsratsvorsitzenden vor, dass dieser lediglich am ersten Tag an dem Betriebsrätetag teilgenommen habe. An den beiden Folgetagen sei er der Veranstaltung vollständig ferngeblieben und ausschließlich privaten Angelegenheiten nachgegangen. Aufgrund seiner Angaben im Arbeitszeitnachweis bestehe der Verdacht eines Arbeitszeitbetruges.

Der Betriebsratsvorsitzende hat eingeräumt, den Betriebsrätetag am Vormittag des zweiten Tages verlassen zu haben, um aus privaten Gründen nach Düsseldorf zu fahren. Er habe jedoch während der von ihm angegebenen Zeiten stundenlang Betriebsratsarbeit in einem Café in Düsseldorf geleistet und anschließend bei seiner Ex-Frau übernachtet. Als freigestellter Vorsitzender des Betriebsrates könne er auch mobil arbeiten.

Dieser Einlassung schenkte der Arbeitgeber keinen Glauben und beantragte beim Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden. Der Betriebsrat erteilte die Zustimmung zur Kündigung seines Vorsitzenden nicht, woraufhin Amazon beim Arbeitsgericht Lüneburg die Ersetzung der Zustimmung beantragte.

Gericht ersetzt fehlende Zustimmung des Betriebsrats

Das Arbeitsgericht gab dem Antrag des Arbeitgebers statt. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB liege aus Sicht des Gerichts für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung vor. Der Betriebsratsvorsitzende hat selbst zugegeben, den Betriebsrätetag spätestens am Vormittag des zweiten Tages eigenmächtig verlassen und bis zum Schluss nicht mehr daran teilgenommen zu haben. Bereits hierin liege ein schwerwiegender Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten.

Darüber hinaus bestand nach Überzeugung der Kammer zumindest der dringende Verdacht, dass der Betriebsratsvorsitzende in seinem Arbeitszeitnachweis für den zweiten Tag bewusst falsche Angaben gemacht hat. Die vom Betriebsratsvorsitzenden abgegebene Begründung, anderweitige Betriebsratsarbeit geleistet zu haben, hielt die Kammer nicht für glaubhaft. Sie habe auch im Widerspruch zu Erklärungen gestanden, die der Betriebsratsvorsitzende nach der Rückkehr gegenüber anderen mitgereisten Betriebsratsmitgliedern abgegeben hatte.

LAG Niedersachsen weist Beschwerde des Betriebsrats zurück

Der Betriebsrat akzeptierte diese Entscheidung nicht und ging dagegen vor - jedoch ohne Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen war nach der Anhörung des Betriebsratsvorsitzenden und der Vernehmung zweier Zeugen hinreichend davon überzeugt, dass der Betriebsratsvorsitzende gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hatte. Dieser Verstoß rechtfertige aufgrund der Fallumstände eine außerordentliche Kündigung.


Hinweis: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 28.Februar 2024, Az. 13 TaBV 40/23; Vorinstanz: Arbeitsgericht Lüneburg, Beschluss vom 5. April 2023, Az. 2 BV 6/22


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