Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerdekammer verbleibt bei ihrer Auffassung, dass gegen Beschlüsse nach § 769 ZPO die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO unbeschränkt zulässig ist, die inhaltliche Prüfung sich aber darauf beschränkt, ob der angefochtenen Entscheidung ein falscher Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt oder die Rechtslage offenkundig verkannt wurde.
2. Eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Vollstreckungsgegenklage reicht bei einer Entscheidung nach § 769 ZPO aus. Das entbindet jedoch nicht von einer Begründung, aus der sich die maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen ergeben. Der bloße Hinweis darauf, die Vollstreckungsgegenklage könne ›möglicherweise‹ Erfolg haben genügt nicht zur Rechtfertigung der Einstellung der Zwangsvollstreckung.
Normenkette
ZPO §§ 769, 793
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 04.04.2003; Aktenzeichen 5 Ca 697/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird derBeschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 04.04.2003 – 5 Ca 697/03 – insoweit aufgehoben, als die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 09.12.2002 – 5/9 Ca 1717/02 – bezüglich eines über EUR 1.549,80 (i.W.: Eintausendfünfhundertneunundvierzig 80/100 Euro) hinausgehenden Betrages einstweilen eingestellt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem Arbeitsgericht vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer am 7. April 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen Beschluss des Arbeitsgerichts vom 4. April 2003, mit dem dieses einem im Rahmen einer vom Kläger erhobenen Vollstreckungsgegenklage gestellten Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 9. Dezember 2002 stattgegeben hat.
Die Beklagte war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18. August 1992 bei dem Kläger seit diesem Datum als Angestellte beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung des BAT vereinbart. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis fristlos. In dem daraufhin von der Beklagten eingeleiteten Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien am 9. Dezember 2002 einen gerichtlichen Vergleich, in dem u.a. vereinbart wurde, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen ›aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung‹ des Klägers am 31. Dezember 2002 enden wird, der Kläger an die Beklagte eine Abfindung in Höhe von 3.063,00 EUR zahlt, die Beklagte ausdrücklich auf Vergütungsansprüche ab 11. Oktober 2002 verzichtet und die Parteien darüber einig sind, dass mit diesem Vergleich und seiner Erfüllung sämtliche Ansprüche zwischen ihnen abgegolten sind. Hinsichtlich des genauen Vergleichswortlauts wird auf Bl. 4/5 d.A. Bezug genommen. Von dem vereinbarten Abfindungsbetrag überwies der Kläger an die Beklagte, die für die Zeit vom 15. Oktober bis 31. Dezember 2002 Arbeitslosengeld in Höhe von 1.513,00 EUR bezogen hatte. Teilbeträge von 1.111,25 EUR und 438,55 EUR, den Restbetrag von 1.513,20 EUR zahlte er auf Aufforderung des zuständigen Arbeitsamtes vom 8. Januar 2003 an dieses.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, die Zwangsvollstreckung aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich sei unzulässig, da die entsprechende Forderung durch Erfüllung erloschen sei. Dementsprechend sei auch die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich einzustellen.
Dem letztgenannten Antrag hat das Arbeitsgericht mit den aus dem Beschluss vom 4. April 2003 (Bl. 17/17R d. A.) ersichtlichen Gründen stattgegeben und der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Beklagten, die mittlerweile den gerichtlichen Vergleich angefochten hat, aus den aus dem Nichtabhilfebeschluss vom 9. April 2003 (Bl. 28 d.A.) ersichtlichen Gründen nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Der Kläger verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Im übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Die Akten des zwischen den Parteien geführten Kündigungsschutzprozesses (5/9 Ca 1717/02) waren beigezogen.
Entscheidungsgründe
II.
Erkennbar richtet sich die sofortige Beschwerde nur dagegen, dass die Zwangsvollstreckung vollständig, also auch bezüglich eines Betrages in Höhe von 1.513,00 EUR eingestellt worden ist. Soweit es um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung bezüglich eines höheren als eines Betrages von 1.513,20 EUR geht, hat die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde nämlich selbst klargestellt, dass sie insoweit die Zwangsvollstreckung nicht mehr betreibt.
Die – insofern beschränkt eingelegte – sofortige Beschwerde ist an sich statthaft (§§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 Abs. 1 ZPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Das Fehlen eines Zustellungsnachweises in den der Beschwerdekammer vorliegenden Akten ist unschädlich, weil sich die Einhaltung der Frist b...