keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Strukturtarifvertrag. Zuordnungstarifvertrag. Tarifkonkurrenz
Leitsatz (amtlich)
Unwirksame Feststellungs- und Unterlassungsanträge von Betriebsräten und einer Gewerkschaft im Hinblick auf einen Zuordnungstarifvertrag nach § 3 BetrVG (Teilweise Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen des vom Bundesarbeitsgericht noch nicht geklärten Problems einer Tarifkonkurrenz bei einem Strukturtarifvertrag nach § 3 BetrVG).
Normenkette
BetrVG § 3; TVG 9
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.03.2007; Aktenzeichen 17 BV 216/06) |
Tenor
Die Beschwerden der Beteiligten zu 1), 5), 14) und 15) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. März 2007 – 17 BV 216/06 – werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligte zu 5) zugelassen, für die Beteiligten zu 1), 14) und 15) nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines Tarifvertrages über betriebsverfassungsrechtliche Fragen (ZuordnungsTV), den die Beteiligten zu 2), 3) und 6) bis 13) mit der Gewerkschaft A, der Beteiligten zu 4), abgeschlossen haben.
Die Beteiligte zu 2) ist die Muttergesellschaft der Beteiligten zu 3) und 6) bis 13).
Ursprünglich war Antragsteller in dem beim ArbG Düsseldorf eingeleiteten Verfahren der Betriebsrat der Beteiligten zu 3) am Standort B, dessen Wahl vom 3. Juni 2005 durch Beschluss des ArbG Düsseldorf vom 16. Sept. 2005 (– 12 BV 72/05 – Bl. 191 ff. d. A., bestätigt vom LAG Düsseldorf durch Beschluss vom 26. Mai 2006 – 9 TaBV 68/05 –, Bl. 237 ff. d. A.), für ungültig erklärt wurde. Der Beteiligte zu 1), der Regionalbetriebsrat C, ist infolge Neuwahlen vom 29. Mai 2006 Nachfolger des ursprünglichen Antragstellers. Seine Wahl ist vom Arbeitsgericht Düsseldorf durch Beschluss vom 16. Jan. 2007 (– 5 BV 110/06 –) ebenfalls für ungültig angesehen worden.
Das vorliegende Verfahren wurde durch Beschluss des ArbG Düsseldorf vom 27. März 2006 an das ArbG Frankfurt am Main verwiesen.
Die Beteiligten zu 5), 14) und 15), die ebenfalls die Feststellung der Unwirksamkeit des ZuordnungsTV begehren, sind die Gewerkschaft X (Beteiligte zu 5)) sowie die örtlichen Betriebsräte der Beteiligten zu 2) in D und E II (Beteiligte zu 14) und 15)).
Das von Mitgliedern des Beteiligten zu 15) eingeleitete Wahlanfechtungsverfahren hatte weder vor dem Arbeitsgericht Darmstadt noch in der Beschwerdeinstanz bei der erkennenden Kammer Erfolg (Hess. LAG Beschluss vom 9. Aug. 2007 – 9 TaBV 23/07 – Juris, Rechtsbeschwerde anhängig unter dem Az. 7 ABR 70/07).
Zum Inhalt des unter dem 29. Nov. 2005 auf der Grundlage von § 3 BetrVG abgeschlossenen Tarifvertrages „über die Zuordnung von Betrieben und Betriebsteilen innerhalb des Geschäftsbereiches der F sowie über die Bildung des Gesamtbetriebsrats F (GBR)” wird auf Bl. 13 bis 66 d. A. verwiesen. Die Beteiligte zu 5) war am Abschluss dieses Tarifvertrages nicht beteiligt. Zwischen ihr und der Beteiligten zu 4) besteht in den Unternehmen der Beteiligten zu 2) Tarifkonkurrenz.
Auf Grund der Neuorganisation der Sparte „G” durch das Geschäftsmodell H zum 1. Jan. 2005 ist eine Anpassung der Betriebsratsstrukturen erforderlich gewesen. Die I (J GmbH, K GmbH, L GmbH) schloss wegen der Ausgestaltung und Umsetzung des Geschäftsmodells H mit dem Gesamtbetriebsrat den Sozialplan und Interessenausgleich vom 1. Okt. 2004 (Bl. 55 ff. d. A.). Die vier Industriebusiness Units (IBU) werden jeweils von einer IBU-Zentrale geleitet, die einen Betrieb im Sinne des BetrVG bildet. Darüber hinaus bestehen in jeder IBU … Center, die jeweils branchenbezogen die arbeitstechnischen Zwecke realisieren und eigenständige Betriebe mit einheitlicher Leitung bilden. Die Umsetzung des Geschäftsmodells H hätte das Entstehen zahlreicher zusätzlicher kleiner Betriebsratsgremien – oft am gleichen Standort – zur Folge gehabt.
Am 16. Jan. 2007 fand ein Vermittlungsverfahren beim M-Bundesvorstand nach § 16 der M-Satzung wegen der Tarifzuständigkeit bei der N AG statt. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll dieses Tages Bezug genommen (Bl. 638 ff. d. A.).
Die Beteiligten zu 1), 5), 14) und 15) haben erstinstanzlich die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Tarifvertrages vom 29. Nov. 2005 beantragt. Sie sind der Ansicht gewesen, die Rechtsunwirksamkeit des Tarifvertrages ergebe sich daraus, dass mehrere in einem Unternehmen oder Konzern vertretene Gewerkschaften einen Tarifvertrag nach § 3 BetrVG nur gemeinsam abschließen könnten.
Der Beteiligte zu 1) ist zudem der Auffassung gewesen, der Schutzzweck des § 3 BetrVG sei durch den ZuordnungsTV nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bei vielen Regionen sei die Grenzziehung nicht nachvollziehbar. Es seien keine regionalen Besonderheiten berücksichtigt, sondern lediglich Standorte mit einer bestimmten Mitarbeiterzahl zusammengefasst worden. Die räumlichen Gebiete der Abeitnehmervertretungen seien meist völlig überdimensioniert. Zu ersten Problemen sei es bereits bei der Aufstellung der Wählerlisten ...