Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschließung eines wiedergewählten Betriebsratsmitglieds aufgrund Pflichtverletzungen aus der vorangegangenen Amtszeit
Leitsatz (amtlich)
Auf Pflichtverletzungen aus der vorangegangenen Amtszeit kann die Ausschließung eines wiedergewählten Betriebsratsmitglieds grundsätzlich nicht gestützt werden.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 02.06.2015; Aktenzeichen 5 BV 34/14) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 2. Juni 2015 - 5 BV 34/14 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Ausschließung von Betriebsratsmitgliedern.
Der Antragsteller, Beteiligte zu 1) und Arbeitgeber (im Folgenden: Arbeitgeber) ist ein eingetragener Verein. Er beschäftigt in seinem Betrieb etwa 520 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 13) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der beim Arbeitgeber im Juli 2013 gewählte Betriebsrat. Der Betriebsrat beschloss in der Sitzung vom 10. September 2014 seinen Rücktritt. Am 19. Nov. 2014 fanden Neuwahlen statt. Die Beteiligten zu 2) bis 12) waren vor dem Rücktritt des Betriebsrats dessen Mitglieder. Der Beteiligte zu 10) war am 1. Jan. 2014 nachgerückt. Die Beteiligten zu 2) bis 4), 6) bis 9) und 12) sind wiedergewählt worden. Die Beteiligten zu 5), 10) und 11) wurden nicht wieder in den Betriebsrat gewählt.
Der Arbeitgeber hat vorgetragen, die Beteiligten zu 2) bis 12) hätten vor Durchführung der Neuwahlen eine Vielzahl von groben Pflichtverletzungen begangen. Er hat seinen Ausschließungsantrag darauf gestützt, dass die Betriebsratsmitglieder eine Einladung zur Mitgliederversammlung vom 30. Nov. 2013 an Mitarbeiter/innen des Arbeitgebers zusammen mit einer Einladung zu einer Betriebsversammlung geschickt hätten (Bl. 7 ff. d. A.). Mit ihrem Hinweis, dass man aus "verlässlicher Quelle wisse, dass auch Nicht-Mitglieder an der Mitgliederversammlung teilnehmen können", hätten sich die Betriebsratsmitglieder Zuständigkeiten angemaßt, die sie nach der Satzung (Bl. 10 ff. d. A.) des Arbeitgebers eindeutig nicht hätten. Nach § 5 der Satzung werde die Mitgliederversammlung von einem Vorstandsmitglied selbständig oder auf Antrag von einem Drittel der Mitglieder des Vereins schriftlich unter Angabe der Tagesordnung mit einer Frist von 14 Tagen einberufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert, jedoch mindestens einmal im Jahr. Die Mitgliederversammlung werde von einem Vorstandsmitglied geleitet. Es habe den Betriebsratsmitgliedern nicht zugestanden, die Einladung zur Mitgliederversammlung weiter zu verteilen, schon gar nicht ohne vorherige Abstimmung mit dem Vorstand und der Geschäftsführung. lm Übrigen sei es unzutreffend, dass Mitarbeiter ohne Mitglied zu sein bei dieser Versammlung anwesend sein dürften. Eingeladen zu Mitgliederversammlungen würden Beschäftigte nur dann, wenn sie Vereinsmitglied seien. Andere Gäste als Mitglieder würden nicht eingeladen. Es gebe insoweit keine wie auch immer geartete "Tradition". Es handele sich um eine grob irreführende Information der Mitarbeiterschaft und um eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG. Aus dem E-Mail vom 26. Nov. 2013 mit der Anlagebezeichnung "2013-11-30 Einladung Mitgliederversammlung A.pdf". ergebe sich eindeutig, dass die Betriebsratsmitglieder selbst zur Mitgliederversammlung eingeladen hätten. Der Wortlaut des E-Mails:
"Am Samstag, 30.11.2013 findet von 14.00 bis 18.00 Uhr die A-Mitgliederversammlung im Saalbau B, xxxx statt. Wir haben die verlässliche Information, dass Mitarbeiter des A bei dieser Versammlung, auch ohne Mitglied zu sein, anwesend sein dürfen".
habe nicht anders verstanden werden können als eine Einladung durch den Betriebsrat an alle Mitarbeiter des A zur Mitgliederversammlung. Damit beabsichtigt gewesen sei eine massive Störung der von Vorstand und Geschäftsführung beabsichtigten Mitgliederversammlung.
Eine grobe Pflichtverletzung sei auch die Behauptung der Betriebsratsmitglieder in dem Bericht der Betriebsversammlung vom 1. Nov. 2013 (Bl. 13 ff. d. A.): "Vor einigen Jahren gab es einen Beschluss auf der Mitgliederversammlung des A e. V., dass der A auf den Tendenzschutz verzichtet. Allerdings ging dieser Mitgliederversammlungsbeschluss verloren und stand nicht mehr im Protokoll. Die damalige Protokollführerin war unsere jetzige Geschäftsführerin C." Diese Behauptung sei unwahr. Einen derartigen Beschluss gebe es nicht. Die Betriebsratsmitglieder hätten die Belegschaft darüber getäuscht, dass die Mitgliederversammlung, das höchste Organ des Antragstellers, einen Beschluss über den angeblichen Verzicht auf den Tendenzschutz gefasst hätte. Dies sei eine Verleumdung. Es werde bestritten, dass der ehemalige Vorsitzende des Konzernbetriebsrates bei der Betriebsversammlung vom 1. Nov. 2013 die anwesenden Beschäftigten über den im inkriminierten Bericht geschilderten Umstand des Verzichts des Arbeitgebers auf den Tendenzsc...