Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzung und Umgruppierung eines Croupiers. Unterrichtung des Betriebsrats. Auslegung Tronc- und Gehaltstarifvertrag. tatsächliche Einsatzfähigkeit des Croupiers
Leitsatz (amtlich)
1. Die Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber genügt bei Umgruppierungen dann den Anforderungen der §§ 99 Abs 1 S 1 und S 2 BetrVG, wenn die Angabe der bisherigen und der vorgesehenen Vergütungs- oder Entgeltgruppe sowie die Erläuterung der Gründe, weshalb der Arbeitnehmer in die vorgesehene Tarifgruppe einzureihen ist, erfolgt.
2. Die Auslegung von § 5 Abs 1 Nr 7 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer der Gruppe A ergibt, dass für die Einstufung in die Vergütungsgruppe Croupier I und II nicht nur die Teilnahme an der Grundausbildung vorliegen muss, sondern auch die tatsächliche Einsatzfähigkeit des Croupiers bei allen von der Spielbank angebotenen Spielen gegeben ist.
3. Eine seitens des Arbeitgebers vorgenommene Anpassung der übertragenen Aufgaben an die gesundheitliche Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers (hier: kein Einsatz beim Pokerspiel) erfüllt die Voraussetzungen der Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs. Wird dem Arbeitnehmer eine tariflich niedriger zu bewertende Tätigkeit übertragen, liegt eine Versetzung vor, da in der veränderten tariflichen Entlohnung eine Veränderung der Tätigkeit zum Ausdruck kommt.
Normenkette
Tronc- und Gehaltstarifvertrages § 5 Abs. 1 Nr. 7
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 26.01.2012; Aktenzeichen 5 BV 6/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. Januar 2012 - 5 BV 6/11 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Betriebsrat) zur Versetzung und Eingruppierung des Arbeitnehmers A.
Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen, welches die Spielbank im Kurhaus B betreibt und unter anderem die Spiele Französisches Roulette, American Roulette, Black Jack und Poker anbietet. Sie beschäftigt regelmäßig weitaus mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer.
Mit Schreiben vom 02. Juli 2003 wurde der Arbeitnehmer A mit Wirkung zum 01. Juli 2003 in die Tarifstufe Croupier I befördert. Nach der tarifvertraglichen Stellenbeschreibung arbeitet ein Croupier in dieser Entgeltgruppe am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen und er kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend an der Kasse eingesetzt werden. Wegen des genauen Wortlauts der Stellenbeschreibung sowie der Beförderungsvoraussetzungen wird auf §§ 5, 6 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer der Gruppe A verwiesen. Am 26. August 2003 legte der Arbeitnehmer eine "fachorthopädische Bescheinigung" vom 21. August 2003 vor, nach der er Vorbeuge- und Rotationspositionen für die Gesamtwirbelsäule während seiner vornehmlich sitzenden Tätigkeit, insbesondere am Pokertisch zu vermeiden habe. Seitdem wird er nicht mehr am Pokertisch eingesetzt. Der daraufhin beantragten Zustimmung zu einer beabsichtigten Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers widersprach der Betriebsrat. Das von der Arbeitgeberin eingeleitete Zustimmungsersetzungsverfahren war erfolglos (vgl. Arbeitsgericht Wiesbaden, 14. April 2004 - 6 BV 7/03 - ; Hess. LAG, 26. April 2005 - 18/4 TaBV 89/04 -).
Mit Schreiben vom 30. September 2010 erkundigte sich die Arbeitgeberin beim Arbeitnehmer A, ob sich sein Gesundheitszustand im Vergleich zum Attest vom 21. August 2003 verändert habe. Der Arbeitnehmer teilte mit Schreiben vom 06. Oktober 2010 mit, dass die fachorthopädische Bescheinigung zeitlich nicht begrenzt sei. Auch das medizinische Eigentraining fände weiterhin statt. Soweit sich der Gesundheitszustand verbessere, werde er sich unaufgefordert melden. Daraufhin entschloss sich die Arbeitgeberin zum Ausspruch eine Änderungskündigung und zur Versetzung sowie Umgruppierung des Arbeitnehmers A von der Tarifstufe Croupier I und II in die Tarifstufe Croupier III bis X. Mit Schreiben vom 21. März 2011 beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zu der Versetzung und Umgruppierung. Wegen des genauen Wortlauts des Schreibens wird auf die Kopie - Bl. 9, 10 d. A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 24. März 2011 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zu den Maßnahmen. Wegen des Wortlauts des Schreibens wird auf die Kopie - Bl. 11 bis 13 d. A. - verwiesen. Im Anschluss daran leitete die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 07. September 2011 beim Arbeitsgericht Wiesbaden das Zustimmungsersetzungsverfahren ein. Wegen des Weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Beteiligten im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses - Bl. 48 bis Bl. 51 d. A. - Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 26. Januar 2012 gab das Arbeitsgericht Wiesbaden dem Antrag der Arbeitgeberin statt...