Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Croupiers bei ausschließlich sitzender Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Auslegung von § 5 Abs. 1 Nr. 7 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer der Gruppe A ergibt, dass für die Einstufung in die Vergütungsgruppe Croupier I und II nicht nur die Teilnahme an der Grundausbildung, sondern auch die tatsächliche Einsatzfähigkeit des Croupiers bei allen von der Spielbank angebotenen Spielen vorliegen muss.
Normenkette
TVG § 1; BetrVG § 99 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 3 S. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 95 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 06.09.2012; Aktenzeichen 5 BV 6/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. September 2012 - 5 BV 6/12 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A
Die Beteiligten streiten über Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Beteiligten zu 2) (im Folgenden: Betriebsrat) zur Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers A.
Die Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen, welches die Spielbank im B betreibt und unter anderem die Spiele Französisches Roulette, American Roulette, Black Jack und Poker anbietet. Sie beschäftigt regelmäßig weitaus mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Zu ihnen gehört der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Arbeitnehmer A. Er ist seit dem 01. April 1991 in die Tarifstufe Croupier I und II eingruppiert. Nach der tarifvertraglichen Stellenbeschreibung arbeitet ein Croupier in dieser Entgeltgruppe am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen, er kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend an der Kasse eingesetzt werden. Wegen des genauen Wortlauts der Stellenbeschreibung sowie der Beförderungsvoraussetzungen wird auf §§ 5, 6 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer der Gruppe A verwiesen. Bereits seit längerer Zeit ist der Arbeitnehmer A aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr am American Roulette in stehender Position einsetzbar. Mit Schreiben vom 04. Oktober 2010 fragte die Arbeitgeberin bei ihm an, ob sein Gesundheitszustand unverändert einer Beschäftigung im Stehen am American Roulette nicht zulasse und bat um Vorlage eines aktuellen Attests. In dem ärztlichen Attest vom 11. Oktober 2010 wird Folgendes ausgeführt:
"O. g. Patient ist nicht in der Lage aufgrund der anerkannten Behinderung in stehender Position am American Roulette/Roulite-Tisch bis auf weiteres zu arbeiten."
Wegen des weiteren Inhalts des Attests wird auf die Kopie Bl. 12 der Akte verwiesen. Daraufhin unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 21. März 2011 über die beabsichtigte Versetzung und Umgruppierung des Arbeitsnehmers in die Stufe Croupier III des Tronc- und Gehaltstarifvertrages und beantragte die Zustimmung zu den personellen Einzelmaßnahmen. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf die Kopie Bl 13 der Akten Bezug genommen. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung mit Scheiben vom 24. März 2011. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl 16 der Akten Bezug genommen. Im Anschluss daran leitete die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 03. April 2012 beim Arbeitsgericht Wiesbaden ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein. Das Integrationsamt erteilte die von der Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zu der geplanten Änderungskündigung. Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Beteiligten im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses - Bl. 68 R bis Bl. 71 R d. A. - Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 09. September 2012 gab das Arbeitsgericht Wiesbaden den Anträgen der Arbeitgeberin statt und ersetzte die Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers A. Zur Begründung hat es - kurz zusammengefasst - Folgendes ausgeführt: Der Tronc- und Gehaltstarifvertrag erlaube die personellen Einzelmaßnahmen. Die Verwendung des Wortes "arbeitet" als aktives Verb verdeutliche, dass nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Ziff. 7 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages auf die tatsächliche Einsatzfähigkeit und nicht allein auf die Teilnahme an der Grundausbildung abzustellen sei. Dafür spreche auch der Sinn und Zweck der Tarifnorm. Der Arbeitgeber zahle die höhere Vergütung, weil er mittels seines Direktionsrechts jederzeit in der Lage sei eine andere Tischbesetzung vorzunehmen. § 6 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages stelle zusätzliche über § 5 Ziff. 7 hinausgehende Voraussetzungen auf. Die Absolvierung einer Grundausbildung sei nicht als alleinige Anforderung anzusehen. Auch die Tarifgeschichte stehe dem eindeutigen Wortlaut des § 5 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages nicht entgegen. Unabhängig von der Frage, ob § 84 Abs. 2 SGB X im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG überhaupt Anwendung finde, sei im Entscheidungsfall ein Präventionsverfahren nicht durchzuführen gewesen, da das Integrationsamt die Zustimmung zum Ausspruch einer Änderungs...