Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrats eines Trägerunternehmens
Leitsatz (amtlich)
Im Falle des Vorliegens mehrerer Gemeinschaftsbetriebe können auch unternehmensfremde Betriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat eines Trägerunternehmens entsandt werden.
Normenkette
BetrVG § 47
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 15.02.2017; Aktenzeichen 6 BV 374/16) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Februar 2017 - 6 BV 374/16 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Bildung eines Gesamtbetriebsrats und eines Wirtschaftsausschusses.
Die Antragstellerin und die Beteiligte zu 5 (Arbeitgeber) sind Unternehmen der A-Gruppe. A ist ein Anbieter digitaler Kartendienste und Hersteller von Navigationsprogrammen. Ende 2015 wurde A von den 3 deutschen Automobilherstellern B, C und D übernommen, die jeweils 1/3 der Gesellschaftsanteile an A erwarben. In Deutschland ist die A-Gruppe mit 3 Gesellschaften aktiv:
Gemeinsam mit der A (DE) GmbH und der A Deutschland GmbH unterhält die Antragstellerin in Deutschland insgesamt 2 Betriebe als gemeinsame Betriebe im Sinne von § 1 Abs. 2 BetrVG. An den Standorten E und F haben sich die 3 Gesellschaften entschlossen, die dort eingesetzten Arbeitnehmer einheitlich in personellen und sozialen Angelegenheiten zu leiten und einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zu verfolgen. Die Arbeitnehmer der 3 Gesellschaften arbeiten gemeinsam in denselben Räumlichkeiten, ihre Arbeitsschritte sind organisatorisch verflochten. Die in den Räumlichkeiten vorhandenen Betriebsmittel werden einheitlich genutzt. Es besteht Personenidentität in der Geschäftsführung.
Ferner unterhalten die A Deutschland GmbH und die A (DE) GmbH in G, H, I, J, K, L und M so genannte Satellitenbüros.
Entsprechend dieser Struktur wurden in den Betrieben E und F jeweils Betriebsräte gewählt. An den Betriebsratswahlen in E und F beteiligten sich die Arbeitnehmer aller 3 Gesellschaften, die jeweils in den Betrieben E und F tätig sind. Die in den Satellitenbüros beschäftigten Arbeitnehmer haben sich der Betriebsratswahl in E angeschlossen.
Beteiligter zu 3 ist der aus 13 Mitgliedern bestehende Betriebsrat des gemeinsamen Betriebs F. Dessen Mitglieder stehen mit Ausnahme des zum 1. September 2016 ausgeschiedenen N, für den der bei der A Germany GmbH & Co. KG beschäftigte D nachrückte, in einem Arbeitsverhältnis zur A Deutschland GmbH.
Beteiligter zu 4 ist der aus 9 Mitgliedern, von denen 3 bei der A (DE) GmbH und 6 bei der A Germany GmbH & Co. KG beschäftigt sind, bestehende Betriebsrat des gemeinsamen Betriebs E.
Mit E-Mail vom 13. Mai 2016 (Bl. 99 der Akten) teilte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der A Germany GmbH & Co. KG der Antragstellerin mit, dass der Betriebsrat in F und der Betriebsrat in E einen Gesamtbetriebsrat für die A Germany GmbH & Co. KG (Beteiligter zu 2) errichtet haben. Dieser besteht aus 4 Mitgliedern, von denen 2 in einem Arbeitsverhältnis zur A Germany GmbH & Co. KG und 2 in einem Arbeitsverhältnis zur A Deutschland GmbH stehen.
Bei der A Deutschland GmbH und der A (DE) GmbH wurden ebenfalls Gesamtbetriebsräte von den beiden Betriebsräten in E und F gebildet. Über die Wirksamkeit der Errichtung dieser Gesamtbetriebsräte wird in gesonderten Verfahren gestritten.
Mit einem am 27. Mai 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat die Antragstellerin die Nichtigkeit, hilfsweise Unwirksamkeit der Errichtung des bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrats geltend gemacht.
Mit E-Mail vom 15. Juli 2016 (Bl. 156 der Akten) teilte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Frau P mit, dass der Gesamtbetriebsrat der A Germany GmbH & Co. KG in seiner Sitzung vom 14. Juli 2016 beschlossen hat, einen Wirtschaftsausschuss zu bilden, dem 4 Mitglieder angehören, von denen 3 in einem Arbeitsverhältnis zur A Germany GmbH & Co. KG und ein Mitglied (Frau Q) in einem Arbeitsverhältnis zur A Deutschland GmbH stehen. Noch im Jahr 2016 wurde Frau Q als Mitglied des Wirtschaftsausschusses wieder abberufen. Unstreitig beschäftigt die A Germany GmbH & Co. KG regelmäßig mehr als 100 Arbeitnehmer.
Mit einem am 18. August 2016 eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat die Antragstellerin die Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise Unwirksamkeit der Bildung des Wirtschaftsausschusses bei der Antragstellerin geltend gemacht.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 232-233R der Akten) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Die Bildung des Gesamtbetriebsrats bei der Antragstellerin sei wirksam. Der Betriebsrat eines Gemeinschaftsbetriebs mehrerer Unternehmen könne auch solche Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat ein...