Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrats eines Trägerunternehmens

 

Leitsatz (amtlich)

Im Falle des Vorliegens mehrerer Gemeinschaftsbetriebe können auch unternehmensfremde Betriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat eines Trägerunternehmens entsandt werden.

 

Normenkette

BetrVG § 47

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 15.02.2017; Aktenzeichen 6 BV 373/16)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Februar 2017 - 6 BV 373/16 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Bildung eines Gesamtbetriebsrats.

Die Antragstellerin und die Beteiligte zu 5 (Arbeitgeber) sind Unternehmen der A-Gruppe. A ist ein Anbieter digitaler Kartendienste und Hersteller von Navigationsprogrammen. Ende 2015 wurde A von den 3 deutschen Automobilherstellern B, C und D übernommen, die jeweils 1/3 der Gesellschaftsanteile an A erwarben. In Deutschland ist die A-Gruppe mit 3 Gesellschaften aktiv:

  • -

    A Germany GmbH & Co. KG (Antragstellerin)

  • -

    A Deutschland GmbH (Beteiligte zu 5)

  • -

    A (DE) GmbH

Gemeinsam mit der A Germany GmbH & Co. KG und der A Deutschland GmbH unterhält die Antragstellerin in Deutschland insgesamt 2 Betriebe als gemeinsame Betriebe im Sinne von § 1 Abs. 2 BetrVG. An den Standorten E und F haben sich die 3 Gesellschaften entschlossen, die dort eingesetzten Arbeitnehmer einheitlich in personellen und sozialen Angelegenheiten zu leiten und einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zu verfolgen. Die Arbeitnehmer der 3 Gesellschaften arbeiten gemeinsam in denselben Räumlichkeiten, ihre Arbeitsschritte sind organisatorisch verflochten. Die in den Räumlichkeiten vorhandenen Betriebsmittel werden einheitlich genutzt. Es besteht Personenidentität in der Geschäftsführung.

Ferner unterhalten die A Deutschland GmbH und die A (DE) GmbH in G, H, I, J, K, L, und M so genannte Satellitenbüros.

Entsprechend dieser Struktur wurden in den Betrieben E und F jeweils Betriebsräte gewählt. An den Betriebsratswahlen in E und F beteiligten sich die Arbeitnehmer aller 3 Gesellschaften, die jeweils in den Betrieben E und F tätig sind. Die in den Satellitenbüros beschäftigten Arbeitnehmer haben sich der Betriebsratswahl in E angeschlossen.

Beteiligter zu 3 ist der aus 13 Mitgliedern bestehende Betriebsrat des gemeinsamen Betriebs F. Dessen Mitglieder stehen mit Ausnahme des zum 1. September 2016 ausgeschiedenen N, für den der bei der A Germany GmbH & Co. KG beschäftigte O nachrückte, in einem Arbeitsverhältnis zur A Deutschland GmbH.

Beteiligter zu 4 ist der aus 9 Mitgliedern, von denen 3 bei der A (DE) GmbH und 6 bei der A Germany GmbH & Co. KG beschäftigt sind, bestehende Betriebsrat des gemeinsamen Betriebs E.

Mit E-Mail vom 13. Mai 2016 (Bl. 100 der Akten) teilte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der A (DE) GmbH der Antragstellerin mit, dass der Betriebsrat in F und der Betriebsrat in E einen Gesamtbetriebsrat für die A (DE) GmbH (Beteiligter zu 2) errichtet haben. Dieser besteht aus 4 Mitgliedern, von denen 2 in einem Arbeitsverhältnis zur A (DE) GmbH und 2 in einem Arbeitsverhältnis zur A Deutschland GmbH stehen.

Bei der A Deutschland GmbH und der A Germany GmbH & Co KG wurden ebenfalls Gesamtbetriebsräte von den beiden Betriebsräten in E und F gebildet. Über die Wirksamkeit der Errichtung dieser Gesamtbetriebsräte wird in gesonderten Verfahren gestritten.

Mit einem am 27. Mai 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat die Antragstellerin die Nichtigkeit, hilfsweise Unwirksamkeit der Errichtung des bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrats geltend gemacht.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 197-198R der Akten) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Die Bildung des Gesamtbetriebsrats bei der Antragstellerin sei wirksam. Der Betriebsrat eines Gemeinschaftsbetriebs mehrerer Unternehmen könne auch solche Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat eines beteiligten Unternehmens entsenden, die in keinem Arbeitsverhältnis zu diesem Unternehmen stehen. Dies ergebe sich aus § 47 Abs. 9 BetrVG. Geheimhaltungspflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz stünden dem nicht entgegen, da auch innerhalb des Gemeinschaftsbetriebs unternehmensübergreifend Informationen ausgetauscht würden.

Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 17. März 2017 zugestellt. Er hat dagegen am 13. April 2017 Beschwerde eingelegt und diese am 17. Mai 2017 begründet.

Die Antragstellerin rügt, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass einem bei der Antragstellerin gebildeten Gesamtbetriebsrat auch unternehmensfremde Personen angehören können. Die Systematik des Betriebsverfassungsgesetzes erfordere eine Unternehmenszugehörigkeit der Gesamtbetriebsratsmitglieder. Die für Arbeitnehmer wichtigen E...

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