Entscheidungsstichwort (Thema)
Abbruch einer Betriebsratswahl. Wahldurchführungsabsprachen
Leitsatz (amtlich)
Wahldurchführungsabsprachen von Betriebsräten, die in betriebsverfassungsrechtlich Rechte von Arbeitnehmern eingreifen und nicht durch eine Organisationsmaßnahme des Arbeitgebers veranlaßt sind, rechtfertigen einen Wahlabbruch jedenfalls dann, wenn kein betriebsratsloser Zustand droht.
Normenkette
BetrVG § 19
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 25.02.1998; Aktenzeichen 10 BVGa 14/98) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. Februar 1998 – 10 BVGa 14/98 – teilweise abgeändert.
Dem Wahlvorstand für die Durchführung der Betriebsratswahl 1998 für die Hauptverwaltung der Arbeitgebern und einzubeziehende Betriebsteile wird im Wege einer einstweiligen Verfügung im Beschlußverfahren aufgegeben, die auf der Basis des wahlausschreibens vom 05. Februar 1998 eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen.
Dem Wahlvorstand für die Durchführung der Betriebsratswahl 1998 für die Hauptverwaltung der Arbeitgebern wird ferner aufgegeben, die Betriebsratswahl für den Bereich der Hauptverwaltung ohne Einbeziehen der Mitarbeiter
- • der Niederlassung M.
- • der Niederlassung H.
- • der Niederlassung … H.
unverzüglich neu auszuschreiben.
Den Betriebsräten der Niederlassungen M. H. und H. bleibt überlassen, zur Vermeidung eventueller Anträge nach § 16 Abs. 2 Satz 1 BetrVG unverzüglich selbst wahlvorstände für die Durchführung der Betriebsratswahl 1998 für ihren Niederlassungsbereich zu bestellen.
Im übrigen bleibt der Antrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen.
Gegen diese kostenfrei ergehende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Eilbeschlußverfahren darüber, ob dem Wahlvorstand und Beteiligten zu 2) die weitere Durchrührung der mit Wahlausschreiben vom 05.02.1998 eingeleiteten Wahl gerichtlich im Wege einer einstweiligen Verfügung zu untersagen ist.
Die Arbeitgeberin betreibt … für US-amerikanische Armeeangehörige in der Bundesrepublik Deutschland. Sie unterhält eine Hauptverwaltung in … und eine größere Anzahl von Filialen. Im Jahre 1995 gab sie ihre vorherige Untergliederung nach Distrikten auf. Seither bestehen ein (neunköpfiger) Betriebsrat bei der Hauptverwaltung sowie 26 Filial-Betriebsräte. Ferner existiert ein Gesamtbetriebsrat.
Mit Wahlausschreiben vom 05.02.1998 schrieb der Wahlvorstand bei der Hauptverwaltung die Wahl zum Betriebsrat der Hauptverwaltung für diese und eine Reihe von „im Großraum von …” liegenden Filialen (Bl. 18 d. A.) aus. Darunter befinden sich auch die bisher betriebsverfassungsrechtlich selbständigen Filialen M., H. und H.
Zuvor hatte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 21.01.1998 den Wahlvorstand darauf hingewiesen, daß die von ihm auch für die Filialen H., M. sowie H. angeforderten Wählerlisten solche Filialen beträfen, die bei der letzten Betriebsratswahl einen eigenen Betriebsrat gewählt hätten und auch vom Wahlvorstand der Hauptverwaltung als selbständige Betriebsteile i. S. d. § 4 S. 1 Ziff. 1 BetrVG angesehen worden seien (Bl. 19 d.A.).
Diesen Standpunkt bekräftigte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 23.01.1998 an den Wahlvorstand (Bl. 23 d. A.).
Sie berief sich insoweit auf die (anscheinend unveröffentlichte) Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.06.1995 – 2 AZR 783/94 – (Bl. 24 – 39 d. A.).
In der Hauptverwaltung in … selbst sind 142 Mitarbeiter beschäftigt. In den Filialen H. arbeiten 22, in H. 15 und in M. 23 Mitarbeiter, jeweils einschließlich eines/r Filial-Managers/in (Bl. 41 d. A.).
Die jeweils dreiköpfigen Betriebsräte in M. und H. beschlossen im Vorfeld der Wahl 1998, selbst keinen Wahlvorstand zu bestellen. Das tat auch der einköpfige Betriebsrat der Filiale H.
Mit Schreiben vom 24.02.1998 machten 10 von 23 Mitarbeitern der Filiale M. gegenüber ihrem donigen Betriebsrat deutlich, sie wollten einen eigenen unabhängigen Betriebsrat behalten (Bl. 58 d. A.). Das gleiche Verlangen nach Bestellung eines eigenen Wahlvorstandes richteten 7 von 16 Mitarbeitern an den (einköpfigen) Betriebsrat der Filiale H. (Bl. 59 d. A.). Sie kündigten zugleich an, ein Verfahren nach § 16 Abs. 2 BetrVG zur gerichtlichen Bestellung eines Wahlvorstandes einzuleiten, falls der Betriebsrat seinen Pflichten nicht nachkomme (Bl. 59 d. A.). Ein solches inhaltsgleiches Schreiben richteten ferner 8 von 22 Mitarbeitern an den Betriebsrat der Filiale H. (Bl. 60 d. A.).
Die Arbeitgeberin hat den Erlaß einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel beantragt, dem Wahlvorstand die weitere Durchführung der Wahl gemäß Wahlausschreiben vom 05.02.1998 zu untersagen. Sie hat gemeint, die Wahl sei von vornherein fehlerhan, weil die Filialen M., H. und H. räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt seien. Wegen der Entfernungen in Kilometern und der für Fahrten nach F. erforderlichen Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat sie sich auf eine eidesstattliche Versicherung des Personalleiters … nebst einer darin v...