Entscheidungsstichwort (Thema)
Bildung einer Einigungsstelle wegen Beschwerde eines Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Hinsichtlich der Beschwerde eines Arbeitnehmers mit der sich eine Einigungsstelle befassen soll, muss bereits vor Bildung der Einigungsstelle klargelegt und dargestellt werden, mit welchem Inhalt/Gehalt der Arbeitnehmer eine Benachteiligung, ungerechte Behandlung oder sonstige Beeinträchtigung sieht, was insoweit Gegenstand seiner Beschwerde ist und welche tatsächlichen Vorgänge/Vorfälle im Betrieb ihn zu seiner Beschwerde (mit ihrem spezifischen Inhalt/Gehalt) veranlasst haben.
Anhand dieser Darstellung ist vor Bildung der Einigungsstelle auch zu prüfen, ob hinter der Beschwerde etwa völlig harmlose Vorfälle stehen, die gänzlich ungeeignet sind, bei einem Mindestmaß von vernünftiger Sicht bei einem Arbeitnehmer nachvollziehbar das subjektive Gefühl der Benachteiligung, ungerechten Behandlung oder sonstiger Beeinträchtigung (in der klargelegten Richtung) auszulösen. – Einer derartigen, lediglich eine rein subjektive Befindlichkeit des Arbeitnehmers verlautbarende „Beschwerde” braucht sich der Arbeitgeber nicht zu stellen, auch wenn sich der Betriebsrat einer derartigen „Beschwerde” angenommen haben sollte.
Normenkette
BetrVG § 84f
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 28.03.2001; Aktenzeichen 3 BV 5/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Arbeitgebers (Beteiligter zu 2.) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach a. M. vom 28.03.2001 – 3 BV 5/01 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen des Verfahrens über die Bildung einer Einigungsstelle nach § 76 Abs. 2 BetrVG (Paragraphen ohne Gesetzesbezeichnung sind im Folgenden immer solche des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972) in Verbindung mit § 98 ArbGG um die Bildung einer Einigungsstelle gem. § 85 Abs. 2, die sich mit der Berechtigung der Beschwerde des mit Verladearbeiten im Betrieb des Arbeitgebers (Beteiligter zu 2.) beschäftigten Arbeitnehmers K. – er werde von seinen Vorgesetzten absichtlich schlecht behandelt und bei anderen schlecht gemacht mit dem Ziel, ihn aus dem Betrieb zu drängen – befassen soll. Der Betriebsrat (Beteiligter zu 1./Antragsteller) nahm sich dieser Beschwerde gemäß seinem Schreiben vom 31.10.2000 an den Arbeitgeber an und rief, da er keine Abhilfe der Beschwerde des K. sah, mit Schreiben vom 09.01.2001 die Einigungsstelle an.
K. erhielt am 17.12.1999 vom Arbeitgeber eine Abmahnung wegen Fehler beim Verladen. Die Klage des K. (3 Ca 323/00 ArbG Offenbach) auf Entfernung dieser Abmahnung aus der Personalakte wurde rechtskräftig abgewiesen (14 Sa 1813/00 Hess. LAG, Urteil vom 14.09.2001). – Im Februar 2000 beschwerte sich K. beim Betriebsrat, weil (angeblich) von seinen Vorgesetzten auf die bei ihm vorhandene Erkrankung (Diabetes) nicht Rücksicht genommen werde und er sich wegen der krankheitsbedingten Pausen noch dazu lautstarken herabsetzenden Äußerungen ausgesetzt sehe. Hieraus ergab sich ein Schriftwechsel zwischen dem Betriebsrat, der sich dieser Beschwerde annahm und dem Arbeitgeber. – Mit Schreiben vom 12.05.2000 erteilte der Arbeitgeber dem K. eine erneute Abmahnung wegen eines Fehlers beim Verladen. – Am 17.10.2000 kam es zu einem Vorfall, bei dem der Vorgesetzte K. dem K. anschrie. Dieser Vorfall war Anlass für die Beschwerde (und letztlich vorliegendes Beschlussverfahren), der sich der Betriebsrat mit Schreiben vom 31.10.2000 annahm.
Wegen des zugrunde liegenden Sachverhaltes im Übrigen, des Vorbringens der Beteiligten und ihrer Anträge erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat, dem Antrag des Betriebsrats entsprechend, Herrn Richter am Arbeitsgericht Zweigler zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle, betreffend des Gegenstandes er, der Arbeitnehmer K. werde von seinen Vorgesetzten absichtlich schlecht behandelt und bei anderen schlecht gemacht mit dem Ziel, ihn aus dem Betrieb zu drängen, bestellt und die Anzahl der Beisitzer auf je 2 pro Seite festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Beschwerde des Arbeitgebers, mit der dieser die Zurückweisung des Antrages des Betriebsrats weiterverfolgt. – Wegen der für die Zulässigkeit der Beschwerde erheblichen Daten wird auf die Feststellungen zur Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 28.08.2001 Bezug genommen.
Der Arbeitgeber hält daran fest, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 85 Abs. 2 seien nicht gegeben; eine Zuständigkeit der Einigungsstelle liege nicht vor. Der Beschwerde wegen des Vorfalls vom 17.10.2000 habe er, der Arbeitgeber, abgeholfen. Hinsichtlich der Beschwerde wegen der zu Recht erteilten Abmahnungen sei die Einigungsstelle nicht zuständig, da Gegenstand der Beschwerde insoweit ein Rechtsanspruch sei und der Arbeitnehmer K. hinsichtlich der einen Abmahnung auch – jedoch in der Sache erfolglos – geklagt habe. Darüber hinaus sei nicht durch konkretisierten Sachvor...