Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurteilungsspielraum des Betriebsrats. Grundschulung durch Gewerkschaft. Schulungsveranstaltung für Betriebsratsmitglied. Anspruch auf Besuch einer Schulungsveranstaltung für ein Betriebsratsmitglied

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Auswahl geeigneter Schulungsveranstaltungen hat der Betriebsrat einen Beurteilungsspielraum. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn für ein neu in den Betriebsrat gewähltes Mitglied eine Grundschulung ausgewählt wird, die den Unterrichtsstoff in zwei aufeinander aufbauende Unterrichtseinheiten aufteilt. Der Wunsch des Betriebsrats, neue Betriebsratsmitglieder von der Gewerkschaft schulen zu lassen, hält sich auch dann innerhalb seines Beurteilungsspielraums, wenn hierfür im Vergleich zu einem privaten Anbieter geringfügig höhere Kosten anfallen. Der Betriebsrat ist nicht verpflichtet, eine Marktanalyse anzustellen und den günstigsten Anbieter auszuwählen.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Wetzlar (Entscheidung vom 05.10.2011; Aktenzeichen 2 BV 4/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 5.10.2011 - 2 BV 4/11 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Schulungskosten.

Antragsteller ist der bei dem Arbeitgeber (Beteiligte zu 2), einem Unternehmen der Metallindustrie, in dem ca. 280 Arbeitnehmer beschäftigt werden, gebildete Betriebsrat.

Anfang 2010 wurde das Betriebsratsmitglied K neu in den Betriebsrat gewählt. Sie nahm zunächst an der einwöchigen Grundschulung "Betriebsratsmitglieder I" teil; wegen des Themenplans dieser Veranstaltung wird auf Bl. 145-147 der Akten Bezug genommen. Die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds an dieser Schulungsveranstaltung und die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber ist nicht streitig. In der Zeit vom 23. Januar 2011 bis 4. Februar 2011 nahm sie an dem Seminar "Betriebsräte II", das vom selben Veranstalter durchgeführt wurde, teil; hinsichtlich der dort behandelten Themen wird auf Bl. 15/15R der Akten verwiesen. Hierfür entstanden Seminargebühren in Höhe von 2778 € sowie Fahrtkosten in Höhe von 162 €, die der Arbeitgeber nicht erstattete.

Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen unter I der Begründung des Arbeitsgerichts (Bl. 56-57 der Akten) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen unter II des angefochtenen Beschlusses (Bl. 57,58 der Akten) verwiesen.

Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Arbeitgebers am 25. Oktober 2011 zugestellt. Er hat dagegen mit einem am 25. November 2011 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Arbeitgeber rügt zunächst, die Begründung des Arbeitsgerichts beziehe sich ersichtlich auf ein anderes Verfahren. Das Bundesarbeitsgericht habe bei einem Betriebsratsmitglied ohne Vorkenntnisse eine Schulungsveranstaltung mit einer Gesamtdauer von zwei Wochen als angemessen angesehen. Das Betriebsratsmitglied habe hier jedoch an einer mit insgesamt drei Wochen angesetzten Grundlagenschulung teilgenommen, was nicht mehr angemessen sei. In seiner Entscheidung vom 17. Oktober 1990 -7 AZR 547/89- habe das Bundesarbeitsgericht eine dritte Schulungswoche für nicht erforderlich angesehen, da nicht mehr davon auszugehen ist, dass auf ihr noch Grundwissen vermittelt wird. Ferner vermittelten private Veranstalter dasselbe Wissen in kürzerer Zeit. So benötige das Schulungsunternehmen W für einen vergleichbaren Kurs statt fünf Tage nur drei Tage zuzüglich An- und Abreise. Pro Woche lägen die Kosten bei dem Veranstalter W etwa 200 € niedriger als bei der M.

Die Beteil. zu 2 beantragt,

den Beschluss des ArbG Wetzlar vom 5. Oktober 2011 -2 BV 4/11- abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Abzustellen sei auf die Umstände des Einzelfalles. Gegenstand der Veranstaltung seien absolute Grundlagen in betriebsverfassungsrechtlicher sowie teilweise individualrechtlicher Hinsicht gewesen. Auch die Dauer der Veranstaltung entspreche der Erforderlichkeit. Schließlich habe der Betriebsrat ein Auswahlermessen. Insoweit sei es sachgerecht, nach dem Besuch der Veranstaltung "Betriebsratsmitglieder I" an der darauf aufbauenden Schulung "Betriebsratsmitglieder II" teilzunehmen. Den Seminaren desselben Veranstalters liege ein einheitliches pädagogisches Konzept zu Grunde. Die erhöhten Kosten seien vom Betriebsrat durchaus in seine Überlegungen einbezogen worden. Als Interessenvertretung seien die Seminare der M für den Betriebsrat jedoch informativer. Soweit das Betriebsratsmitglied B wiederholt Schulungen des Veranstalters W besucht habe, habe es sich auch dort um aufeinander aufbauende Seminare gehandelt....

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