Leitsatz (amtlich)
Gegen die Versäumung der Berufungsfrist kann nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn der Berufungskläger von der Zustellung durch Niederlegung keine Kenntnis erlangt hat und dies nach seinem Vorbringen darauf beruhen kann, daß er den Benachrichtigungsschein des Postbeamten über die Niederlegung möglicherweise zusammen mit Werbematerial aus dem Briefkasten versehentlich weggeworfen hat.
Normenkette
ZPO §§ 182, 233, 519b
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 20.06.1985; Aktenzeichen 4 Ca 168/85) |
Tenor
Die Berufung wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen–.
Tatbestand
I.
Das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 20.06.1985 ist dem Kläger gemäß der Postzustellungsurkunde am 26.06.1985 durch Niederlegung beim Postamt zugestellt worden. Eine schriftliche Benachrichtigung hiervon ist vom Postbeamten damals in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen worden.
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 22.08.1985 Berufung eingelegt und zugleich um Wiedereinsetzung in den vorigen stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gebeten. Hierzu trägt er vor:
Er habe erstmals am 08.08.1985 anläßlich einer Vorsprache beim Arbeitsgericht davon erfahren, daß das Urteil bereits zugestellt sei. Die schriftliche Benachrichtigung über die Niederlegung habe er nicht in seinem Briefkasten vorgefunden. Das könne nur dadurch erklärt werden, daß der Benachrichtigungsschein zusammen mit der Tageszeitung aus dem Briefkasten gestöhlen worden sei – die Tageszeitung habe damals wiederholt gefehlt – oder daß der Benachrichtigungsschein versehentlich mit Werbematerial weggeworfen worden sei.
Die Beklagte bittet um die Verwerfung der Berufung als unzulässig. Sie hält den Wiedereinsetzungsantrag für nicht begründet.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist unzulässig (§ 519 b Abs. 1 ZPO). Der Kläger hat die Berufungsfrist versäumt. Seine Berufung ist nicht innerhalb von einem Monat seit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils bei dem Berufungsgericht eingegangen (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG). Das erstinstanzliche Urteil ist dem Kläger gemäß der Postzustellungsurkunde am 26.06.1985 ordnungsgemäß durch Niederlegung beim Postamt unter Zurücklassung einer schriftlichen Benachrichtigung zugestellt worden. Seine Berufung ist jedoch erst am 22.08.1985 und damit verspätet bei dem Berufungsgericht eingegangen.
Gegen die Versäumung der Berufungsfrist kann dem Kläger nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Denn es ist nicht dargetan, daß der Kläger an der Versäumung der Berufungsfrist schuldlos war (§ 233 ZPO). Der Kläger bezeichnet es selbst als möglich, daß er den Benachrichtigungsschein über die Niederlegung zusammen mit Werbematerial versehentlich weggeworfen hat. Eine solche Handlungsweise verletzte jedoch die erforderliche Sorgfalt, war also schuldhaft (vgl. § 276 BGB).
Der Kläger mußte mit Post vom Arbeitsgericht rechnen, nachdem am 20.06.1985 ein Urteil verkündet worden war. Der Kläger hat als unterliegende Partei auch die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ein Grund für die Zulassung der Revisionsbeschwerde ist nicht ersichtlich. Somit ist der vorstehende Beschluß unanfechtbar (§ 77 ArbGG).
Unterschriften
gez. Schrepfer, gez. Sauer, gez. Rosenthal
Fundstellen