Leitsatz (amtlich)
Hat der Schuldner die ihm auferlegte unvertretbare Handlung nach Erlaß des Zwangsgeldbeschlusses vorgenommen, so ist dieser im Beschwerdeverfahren auf seinen Antrag aufzuheben, sofern der Glaubiger die Hauptsache nicht für erledigt erklärt. Im Zwangsvollstreckungsverfahren ist jederzeit zu prüfen, ob die Zwangsvollstreckung (noch) notwendig ist.
Normenkette
ZPO § 888 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 22.05.1985; Aktenzeichen 2 Ca 592/84) |
Tenor
Der Beschluß des Arbeitsgerichts Marburg vom 22. Mai 1985 – 2 Ca 592/84 – wird auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 31. Mai 1985 aufgehoben.
Der Antrag des Klägers vom 15. April 1985 wird kostenpflichtig abgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Beklagte.
Der Beschwerdewert beträgt 1.650,– DM.
Tatbestand
I.
Durch den Prozeßvergleich vom 19.12.1984 verpflichtete sich die Beschwerdeführerin (Beklagte) u. a., dem Beschwerdegegner (Kläger) ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleiches ist der Beschwerdeführerin am 18.01.1985 zugestellt worden. Durch Schriftsatz vom 15.04.1985 beantragte der Beschwerdegegner, die Beklagte gemäß § 888 Abs. 1 ZPO zur Erfüllung der vorbezeichneten Verpflichtung anzuhalten. Dem entsprach das Arbeitsgericht durch den der Beschwerdeführerin am 31.05.1985 zugestellten, nunmehr angefochtenen Beschluß. Sie stützt das Rechtsmittel darauf, daß das Zeugnis am 31.05.1985 erstellt und übersandt worden sei. Dies hat der Beschwerdegegner bestätigt und gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, daß er aus dem Beschluß vom 22.05.1985 keine Rechte mehr herleite.
Die Beschwerdeführerin hält ihre Beschwerde aufrecht (Bl. 36 d.A.).
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde hat Erfolg und führt zur Zurückweisung des Antrages auf Festsetzung eines Zwangsgeldes.
In jedem Zeitpunkt des Zwangsvollstreckungsverfahrens ist zu prüfen, ob die Zwangsvollstreckung notwendig ist und ob der Gläubiger nach dem seinem Antrag zugrundeliegenden Schuldtitel einen Anspruch auf Erzwingung der Leistung hat, auf die sein Antrag abzielt. Diese Prüfung schließt die Frage notwendig ein, ob durch eine erfolgte Leistung dem Schuldtitel bereits genügt ist (vgl. Zöller-Stöber, Kommentar zur ZPO, 14. Auflage, § 888, RN 11).
Im vorliegenden Falle führt der Gläubiger selbst aus, die Schuldnerin habe jedenfalls am 31.05.1985 die von ihr verlangte Handlung vorgenommen, nämlich das geschuldete Zeugnis erteilt. Dabei ist es unerheblich, daß gemäß dem Vorbringen des Gläubigers die Schuldnerin ihrer Verpflichtung erst nach dem Erlaß des angefochtenen Beschlusses nachkam. Denn bis zur Beitreibung durfte die Schuldnerin das Zwangsgeld durch Erfüllung abwenden. Unstreitig wurde das Zwangsgeld auch nicht beigetrieben. Aufgrund der Zeugniserteilung durch die Schuldnerin verlor der nur dem Erfüllungszwang dienende Zwangsgeldbeschluß somit seinen Sinn.
Der Gläubiger als die unterliegende Partei hat die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug zu tragen (§ 91 ZPO).
Zwar war der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Schuldnerin zunächst sachlich gerechtfertigt und wurde durch die spätere Erteilung des Zeugnisses erst nachträglich unbegründet. Da der anwaltlich vertretene Gläubiger es jedoch unterlassen hat, daraufhin die Hauptsache für erledigt zu erklären (§ 91 a ZPO), hat er es sich selbst zuzuschreiben, daß sein Antrag mit der ungünstigen Kostenfolge des § 91 ZPO zurückgewiesen wird.
Dem gegenüber waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin in entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO aufzuerlegen, weil sie dem Rechtsmittel durch eine Handlung zum Erfolg verholfen hat, die ihr ohne weiteres auch zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre.
Fundstellen