keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung. Aufhebung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung über die Aufhebung eines Aussetzungsbeschlusses hat nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Die ermessensleitenden Erwägungen sind in dem Aufhebungsbeschluss offenzulegen.

2. Wie bei der Anordnung der Aussetzung gehören zu den Umständen des Einzelfalles jedenfalls

  • Beschleunigungsgebote des ArbGG;
  • Stand der beiden Verfahren, insbesondere des vorgreiflichen Rechtsstreits und dessen voraussichtliche Dauer
  • und damit die voraussichtliche Dauer im Falle der weiteren Aussetzung;
  • die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klagepartei auch in jenem Rechtsstreit;
  • ob bereits ein Urteil zu Gunsten der Klagepartei ergangen ist und wie ggf. die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels zu beurteilen sind;
  • die wirtschaftliche Situation beider Parteien;
  • die Notwendigkeit für die Klagepartei, ihre Ansprüche mit Hilfe eines gerichtlichen Titels durchsetzen zu müssen;
  • das Verhalten der Klagepartei.

(im Anschluss an Hess. LAG, Beschl. v. 06.04.2004 – 1 Ta 106/04, AR-Blattei ES 160.7 Nr. 223).

 

Normenkette

ZPO §§ 148, 150

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 23.11.2006; Aktenzeichen 3 Ca 1025/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2006 – 3 Ca 1025/06 – aufgehoben.

Die erforderliche Anordnung wird der Kammer des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main übertragen.

 

Tatbestand

I.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Aufhebung eines Aussetzungsbeschlusses.

Der am 15. März 1975 geborene Kläger wurde bei der Beklagten, einer 100%igen Tochter der A, ab dem 1. Juli 1999 als Sachbearbeiter Einheitsbewertung beschäftigt. An Vergütung erhielt der Kläger zuletzt EUR 2.858,68 brutto im Monat. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 4. Februar 2004 außerordentlich fristlos und mit weiterem Schreiben vom gleichen Tage vorsorglich ordentlich zum 31. März 2004, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Auf die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage stellte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main mit einem am 27. Oktober 2005 verkündeten Urteil – 3 Ca 1308/04 – fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigungen nicht beendet worden ist und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 30. September 2004 in Höhe von EUR 23.695,11 brutto abzüglich gezahlter EUR 1.579,08 netto und abzüglich an Arbeitslosengeld erhaltener EUR 7.635,12 netto. Die weitere Klage und die Widerklage wurden abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist vor der erkennenden Kammer unter dem Aktenzeichen 11 Sa 2215/05 anhängig. Aufgrund eines im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Oktober 2006 verkündeten Beschlusses hat die Berufungskammer ein ergänzendes Sachverständigengutachten eingeholt und nunmehr Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 19. Juli 2007 anberaumt.

In dem vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger von der Beklagten mit der am 10. Februar 2006 erhobenen und anschließend erweiterten Klage zuletzt seine Weiterbeschäftigung als Sachbearbeiter Einheitsbewertung und Zahlung weiteren Annahmeverzugslohnes für die Zeit vom 1. Oktober 2004 bis einschließlich 30. Juni 2006 in Höhe von EUR 66.697,15 brutto abzüglich an Arbeitslosengeld erhaltener EUR 17.256,13 netto nebst Zinsen verlangt. Mit einem am 27. Juli 2006 verkündeten, rechtskräftigen Teilurteil – 3 Ca 1025/06 (Bl. 210 bis 217 d. A.)

  • hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main dem Weiterbeschäftigungsbegehren entsprochen und die Verhandlung im vorliegenden Rechtsstreit, soweit nicht bereits durch Teilurteil entschieden, mit dem ebenfalls am 27. Juli 2006 verkündeten Beschluss vom 13. Juli 2006 – 3 Ca 1025/06 (Bl. 221 bis 224 d. A.)
  • bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren 3 Ca 1308/04 ausgesetzt. Gegen den ihm am 4. Oktober 2006 (Bl. 226 d. A.) zugestellten Beschluss hat der Kläger am 17. Oktober 2006 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet (Bl. 231 bis 233 d. A.).

Mit Beschluss vom 23. November 2006 – 3 Ca 1025/06 (Bl. 250 bis 252 d. A.) – hat die Kammer des Arbeitsgerichts der sofortigen Beschwerde des Klägers abgeholfen und den Aussetzungsbeschluss vom 13. Juli 2006 aufgehoben. Gegen den ihr am 5. Dezember 2006 (Bl. 253a d. A.) zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 19. Dezember 2006 sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet (Bl. 271 bis 273 d. A.). Der Kläger verteidigt den angefochtenen Beschluss (Bl. 282 und 283 d. A.). Der Vorsitzende des Arbeitsgerichts hat der sofortigen Beschwerde der Beklagten gegen die Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses nicht abgeholfen (Bl. 277 d. A.).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewec...

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