Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Bildungsmaßnahme. Mitbestimmung. Unterlassungsantrag. Kein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats im Hinblick auf die Auswahl der Teilnehmer an der Maßnahme der betrieblichen Berufsbildung. Unterlassungsanspruch des Betriebsrats. Teilnahme an betrieblichen Bildungsmaßnahmen
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 23 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber bei einem groben Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus dem BetrVG durch das Arbeitsgericht aufgeben lassen, eine Handlung zu unterlassen. 2. Ein grober Verstoß des Arbeitgebers ist bei einer objektiv erheblichen und offensichtlich schwerwiegenden Pflichtverletzung zu bejahen, wobei diese Anforderungen regelmäßig erfüllt sind, wenn er mehrfach und erkennbar gegen seine Pflichten aus dem BetrVG verstoßen hat; ein einmaliger Verstoß kann i.d.R. jedoch nicht als grob im Sinne des § 23 Abs.3 BetrVG angesehen werden.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3, § 98 Abs. 3-4
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 09.02.2012; Aktenzeichen 3 BV 774/11) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. Februar 2012 - 3 BV 774/11 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um Unterlassungsansprüche nach § 23 Abs. 3 BetrVG.
Der Beteiligte zu 1) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2) gewählte Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2) hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 8. März 2011 (Bl. 6 d. A.) für die Teilnahme des Arbeitnehmers A am Lehrgang MDD Weight and Balance vom 23. bis 27. Mai 2011 um Zustimmung gebeten. Der Betriebsrat hat der Maßnahme mit Schreiben vom 14. März 2011 (Bl. 7 d. A.) widersprochen. Er hat ausgeführt, es sei ihm nicht ersichtlich, warum die Abteilung Charter Sales dieses Training erhalten solle, werde doch die Abfertigung der Charter durch die Fa. B durchgeführt. Nach seiner Ansicht seien einige Ramp Agent Associates und Ramp Agents, die er namentlich anführt, bevorzugt für dieses Training einzuplanen. Herr A und die Arbeitgeberin haben mit E-Mails vom 21. und 22. März 2011 geantwortet (Bl. 8 bis 10 d. A.).
Mit Schreiben vom 29. März 2011 (Bl. 11 d. A.) hat der Betriebsrat erneut ausgeführt, dass für ihn immer noch nicht ersichtlich sei, warum nicht die von ihm benannten Arbeitnehmer berücksichtigt würden, und hat mit Schreiben vom 11. April 2011 (Bl. 12 d. A.) nochmals widersprochen. Der Mitarbeiter A hat gleichwohl an der Schulungsmaßnahme teilgenommen.
Der Beteiligte zu 1) hat gemeint, die Beteiligte zu 2) habe seine Beteiligungsrechte im Hinblick auf betriebliche Bildungsmaßnahmen bewusst und hartnäckig missachtet.
Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,
1. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, ohne Einigung mit dem Beteiligten zu 1) oder ohne Ersetzung der fehlenden Einigung durch die Einigungsstelle Arbeitnehmer für Maßnahmen der beruflichen Bildung und sonstige Bildungsmaßnahmen freizustellen;
2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu EUR 10.000 anzudrohen.
Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2) hat gemeint, der einmalige Pflichtverstoß gegen das Beteiligungsrecht gemäß § 98 BetrVG stelle noch keine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG dar. Außerdem habe sie das Beteiligungsrecht grundsätzlich beachtet und darauf hingewiesen, dass ein weiteres Versäumnis dieser Art für die Zukunft ausgeschlossen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Sachdarstellung in den arbeitsgerichtlichen Beschlussgründen verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Anträge durch Beschluss vom 9. Febr. 2012 - 3 BV 774/11 - zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, da das Mitbestimmungsverfahren nach § 98 BetrVG ansatzweise eingeleitet worden sei und es sich um einen einmaligen Verstoß gehandelt habe, liege keine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG vor. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen.
Gegen den ihm am 24. Febr. 2012 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) am 28. Febr. 2012 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der Beteiligte zu 1) rügt, das Arbeitsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend gewürdigt, dass die Arbeitgeberin die Ablehnung des Arbeitnehmers A an der Schulungsveranstaltung seitens des Betriebsrats übergangen habe.
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
den arbeitsgerichtlichen Beschluss abzuändern und
1. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, ohne Einigung mit dem Beteiligten zu 1) oder ohne Ersetzung der fehlenden Einigung durch die Einigungsstelle Arbeitnehmer für Maßnahmen der beruflichen Bildung und sonstige Bildungsmaßnahmen freizustellen, soweit der ...