keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Fristsetzung. Ablehnung
Leitsatz (amtlich)
Räumt das Arbeitsgericht dem Antragsteller nach Verfahrensabschluss durch Vergleich eine Frist ein, um bestimmte, für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wesentliche Fragen zu beantworten, kann es bei Beantwortung dieser Fragen nach Fristablauf Prozesskostenhilfe nur verweigern, wenn die Verfügung mit der Fristsetzung entweder im Termin verkündet oder förmlich zugestellt worden ist.
Normenkette
ZPO § 114; ZPO 118 Abs. 2 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Beschluss vom 30.09.2005; Aktenzeichen 12 Ca 355/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 30. September 2005 – 12 Ca 355/05 – aufgehoben.
Dem Kläger wird mit Wirkung vom 3. August 2005 für den ersten Rechtszug die Prozesskostenhilfe bewilligt und zur Wahrnehmung seiner Rechte in dieser Instanz ausschließlich der Zwangsvollstreckung Rechtsanwalt Xxxxxx Xxxxxxx, XXXXX Xxxxxxxx, beigeordnet, jedoch unter Ausschluss der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeldern sowie etwaigen Reisekosten vom Ort seiner Kanzlei zum Gericht.
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung erfolgt mit der Maßgabe, dass kein eigener Beitrag zu leisten ist.
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich mit seiner am 07. Oktober 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihm am 07. Oktober 2005 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 30. September 2005, durch den sein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung (PKH) zurückgewiesen worden ist.
Mit einem am 03 August 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hatte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage gegen eine fristlose Kündigung der Beklagten sowie Klage auf Vergütungszahlung für Monate vor Zugang der fristlosen Kündigung und auf Nachweis einer ordnungsgemäßen Beitragsabführung von Sozialversicherungsbeiträgen erhoben. Gleichzeitig hatte er PKH beantragt und eine Nachreichung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zugesagt. Im arbeitsgerichtlichen Gütetermin vom 05. September schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, durch den der Rechtsstreit erledigt wurde. Mit Schreiben vom 07. September 2005 forderte die Vorsitzende des Arbeitsgerichts unter Fristsetzung bis 29. September 2005 den Kläger auf, konkret darzulegen, wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet und für alle getätigten Ausgaben Belege vorzulegen.
Zu diesem Zeitpunkt lag eine vom Kläger unterzeichnete Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim Arbeitsgericht vor. Wann diese Erklärung zu den Akten gelangt ist, läßt sich aus den Akten nicht entnehmen.
Mit Beschluss vom 30. September 2005 wies das Arbeitsgericht den PKH-Antrag mit der Begründung, der Kläger habe die Auflage im Schreiben vom 07. September 2005 nicht erfüllt, zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger, der unter dem 07. Oktober eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hatte, mit seiner sofortigen Beschwerde aus den aus Bl. B 12 ersichtlichen Gründen.
Dieser hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und wurde fristgerecht eingelegt (§§ 567 Abs. 1, 127 Abs. 2 S. 3 ZPO).
In der Sache hat die sofortige Beschwerde Erfolg. Das Arbeitsgericht durfte die nachgesuchte PKH nicht mit der Begründung ablehnen, der Kläger habe angeforderten Klarstellungen und Belege nicht fristgerecht eingereicht.
Die zwischenzeitliche Erledigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen Vergleich steht der Bewilligung von PKH nicht entgegen.
Da die Bewilligung von PKH den Zweck verfolgt, einer Partei, die die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in der jeweiligen Instanz zu ermöglichen (§ 114 ZPO), ist für die Bewilligung von PKH für eine Instanz nach Beendigung derselben freilich grundsätzlich kein Raum. Eine nachträgliche und rückwirkende Bewilligung nach Instanzabschluss kommt unter den Voraussetzungen des § 114 ZPO allerdings dann in Frage, wenn der Antragsteller den Bewilligungsantrag während des Verfahrens gestellt hatte, dieser aber nicht beschieden worden ist, obgleich der Antragsteller mit seinem Antrag alles für die Bewilligung von PKH erforderliche getan hatte (vgl. BGH 30.09.1981 NJW 1982, 446). Darüber hinaus ist nach Instanzabschluss PKH nachträglich und rückwirkend zu bewilligen, wenn das Gericht dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt hatte, erforderliche Unterlagen auch nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens noch nachzureichen und so das Instanzende › hinauszuschieben‹, weil das Gericht in diesem Falle einen Vertrauenstatbestand geschaffen hatte (vgl. Kammerbeschlüsse vom 16.09.1999 – 16 Ta 629/99 – u. vom 02.10.199...