Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats. Einstellung. Eingruppierung
Orientierungssatz
1. An mit den Bewerbern um eine Stele geführten Auswahlgesprächen ist der Betriebsrat zwar nicht zu beteiligen, der Arbeitgeber hat ihn aber über für die Auswahl relevante Ergebnisse solcher Gespräche zu unterrichten.
2. Die Begründung eines Widerspruchs gemäß § 99 Abs 3 S 1 BetrVG muss nicht schlüssig sein, sondern nur erkennbar auf einen der Widerspruchsgründe von § 99 Abs 2 BetrVG Bezug nehmen.
3. Die Frage der zutreffenden Eingruppierung des betroffenen Arbeitnehmers ist kein tauglicher Grund zur Begründung des Widerspruchs gegen dessen Einstellung.
4. Bei Ein- und Umgruppierungen kann der Betriebsrat nicht deren Aufhebung gemäß § 101 S 1 BetrVG oder deren Unterlassung verlangen, da es sich nicht um konstitutive Akte, sondern um Rechtsanwendung handelt. Hier kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber stattdessen im Fall der Verletzung seiner Beteiligungsrechte in entsprechender Anwendung von § 101 S 1 BetrVG verlangen, seine Zustimmung nachträglich einzuholen und im Fall von deren Verweigerung ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs 4 BetrVG durchzuführen.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nrn. 1, 5, Abs. 3 S. 1, Abs. 4, §§ 93, 101 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 30.01.2008; Aktenzeichen 14 BV 1144/07) |
Nachgehend
BAG (Beschluss vom 16.11.2010; Aktenzeichen 7 ABR 133/09) |
BAG (Beschluss vom 10.11.2009; Aktenzeichen 1 ABN 71/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2008 – 14 BV 1144/07 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert:
Der Beteiligten zu 1 wird aufgegeben, den Beteiligten zu 2) hinsichtlich der Vergütung der Arbeitnehmerin B auf der Grundlage des Normalvertrag Bühne vom 15. Oktober 2002 gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen und im Fall der Verweigerung der Zustimmung durch den Beteiligten zu 2 nach § 99 Abs. 2, 3 BetrVG ein Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss durchzuführen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten über eine Einstellung und über die Beteiligung des zu 2) beteiligten Betriebsrats an einer Eingruppierung.
Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt die A in C und beschäftigt regelmäßig mehr als zwanzig Arbeitnehmer, die vom Betriebsrat repräsentiert werden. Sie ist Mitglied des Hessischen Verbandes der kommunalen Arbeitgeber sowie des Deutschen Bühnenvereins und daher normativ sowohl an den TVöD als auch an den Normalvertrag Bühne vom 15. Oktober 2002 (NVB) gebunden.
Die A wurden ursprünglich direkt von der zu 3) beteiligten D betrieben und im Jahr 2004 auf die von der Beteiligten zu 3) zu diesem Zweck gegründete Beteiligte zu 1) übertragen. Da ein Großteil der betroffenen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprach, schlossen die Beteiligten zu 1) und 3) am 01. April 2004 einen Personalgestellungsvertrag. Gemäß dessen § 1 Abs. 2 stellte die Beteiligte zu 3) dem Beteiligten zu 1) diese Arbeitnehmer zur Verfügung. Nach § 2 Abs. 1 des Vertrages behielt die Beteiligte zu 3) die Arbeitgeberstellung. Die Arbeitnehmer sollten jedoch in die Betriebsorganisation eingegliedert bleiben. Die Weisungsrechte hinsichtlich der Arbeitsausführung wurden der Beteiligten zu 1) übertragen (§ 3 Abs. 2). Ansonsten sollten die Arbeitsbedingungen unverändert bleiben; die Erfüllung der bestehenden arbeits- und tarifvertraglichen Pflichten sollte weiter der Beteiligten zu 3) obliegen (§ 2 Abs. 2, Abs. 3). Gemäß § 7 sind die personalgestellten Arbeitnehmer bei der Besetzung ausgeschriebener freier Stellen zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung für eine derartige Stelle soll den Status der betroffenen Arbeitnehmer unverändert lassen. Wegen des vollständigen Inhalts des Personalgestellungsvertrages wird auf den in der Anlage BR 1 zum Schriftsatz vom 18. November 2007 in dem Parallelverfahren Arbeitsgericht Frankfurt am Main – 14 BV 1142/07 – = Hess. LAG – 4 TaBV 119/08 – (Bl. 46 – 54 dieser Akte) Bezug genommen. Im April 2004 erhielten alle von der Beteiligten zu 3) gestellten Arbeitnehmer ein vollständiges Exemplar des Personalgestellungsvertrages.
Der Betriebsrat wurde am 23. Februar 2005 gewählt. Bei der Wahlausschreibung wurden die von der Beteiligten zu 3) gestellten Arbeitnehmer bei der Wählbarkeit, der Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und der Berechnung der Minderheitenquote nach § 15 Abs. 2 BetrVG berücksichtigt. Am 01. März 2005 wurde die Wahlannahme festgestellt und das Ergebnis der Wahl bekannt gegeben. Ein Wahlanfechtungsantrag der Beteiligten zu 1) blieb zunächst in zwei Instanzen erfolglos. Das Bundesarbeitsgericht hob die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2006 (– 9 TaBV 215/05 –) mit Beschluss vom 16. April 2008 (– 7 ABR 4/07 – AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 32) auf und verwies das Verfahren...