Leitsatz (amtlich)
Bei echter Arbeitnehmerüberlassung zwischen Betrieben verschiedener Konzernunternehmen besteht für den Betriebsrat des „aufnehmenden” Betriebes das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG – auch wenn die arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehungen des überlassenen Arbeitnehmers zum Trägerunternehmen des „abgebenden” Betriebes bestehen bleiben und die Überlassung nur vorübergehend sein soll. Hieran ändert § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG – im Hinblick auf § 14 Abs. 3 AÜG – nichts.
Für eine „konzernspezifische” Einschränkung des Anwendungsbereiches des Mitbestimmungsrechtes nach § 99 BtrVG besteht kein Grund. (Rechtsbeschwerde zugelassen)
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 26. September 1985 – 5 Bv 14/85 – wird nach Maßgabe folgender Neuformulierung zurückgewiesen.
Es wird festgestellt, daß dem antragstellenden Betriebsrat hinsichtlich der zeitweisen Beschäftigung von Sprachlehrern, die Arbeitnhmer anderer … -Sprachschulen sind, insbesonder aus Offenbach und Wiesbaden, im Betrieb der Antragsgegnerin in Frankfurt am Main als Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG 1972 zusteht.
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluß an das Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten – im Beschwerdeverfahren nur noch, nachdem die Beschwerde zum Teil zurückgenommen, zum Teil hinsichtlich des erstinstanzlich umstrittenen Informationsanspruchs vergleichsweise beigelegt wurde – um das vom antragstellenden Betriebsrat beanspruchte Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG 1972 (§§ohne Gesetzesbezeichnung sind im folgenden immer solche des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972) hinsichtlich der zeitweisen Beschäftigung von Sprachlehrern aus Betrieben anderer, rechtlich selbständiger, aber demselben Konzern wie die Antragsgegnerin angehörender Sprachschulen im Betrieb der Antragsgegnerin in Frankfurt a.M..
Wegen des zugrundeliegenden Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wie auch ihrer Anträge erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrates weitgehend stattgegeben und hinsichtlich des hier noch interessierenden Streitpunktes – unter Ziffer 3 des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Beschlusses vom 26.9.1985 – festgestellt, daß dem Antragsteller hinsichtlich der zeitweisen Beschäftigung von Sprachlehrern, die Arbeitnehmer anderer … -Sprachschulen sind, insbesondere aus Offenbach und Wiesbaden, im Betrieb der Antragsgegnerin in Frankfurt a.M. ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 zusteht.
Diesen der Antragsgegnerin am 23.10.1985 zugestellten Beschluß, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, hat die Antragsgegnerin mit ihrer am 22.11.1985 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und gleichzeitig begründeten Beschwerde angegriffen.
Die Antragsgegnerin bringt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages vor, bei der vorübergehenden Beschäftigung von Mitarbeitern aus Betrieben eines Konzernunternehmens in einem Betrieb eines anderen Konzernunternehmens handele es sich um sog, „echte” Arbeitnehmerüberlassung, für die das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) nicht gelte. Dies ergebe sich nunmehr auch aus § 1 Abs. 3 Ziffer 3 AÜG in seiner jetzt geltenden Fassung. Indem für die hier interessierende Fallgestaltung das AÜG insgesamt nicht zur Anwendung komme, gelte auch nicht § 14 Abs. 3 AÜG, wo die Rechte des Betriebsrates nach § 99 im Entleiherbetrieb geregelt seien. Damit entfalle im Ergebnis die gesetzgeberische Entscheidung im Rahmen des AÜG, dem Betriebsrat des Entleiherbetriebes gem. § 14 Abs. 3 AÜG das Mitbestimmungsrecht nach § 99 zu geben. Bei der vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen stehe folglich dem Betriebsrat des Entleiherbetriebes kein Mitbestimmungsrecht nach § 99 zu. Im übrigen liege eine Einstellung i. S. des § 99 deshalb nicht vor, weil bei bloß vorübergehender Tätigkeit eines Sprachlehrers aus einer anderen Sprachschule im Betrieb der Antragsgegnerin in Frankfurt a.M. weder eine rechtliche noch organisatorische Eingliederung in den Frankfurter Schulbetrieb erfolge. Wegen des zweitinstanzlichen Vorbringens der Antragsgegnerin im übrigen und in den Einzelheiten wird auf ihre Beschwerdebegründung vom 21.11.1985 (Bl. 79 ff d.A.) sowie ihren weiteren Schriftsatz vom 20.6.1986 (Bl. 200 ff d.A.) Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 26.9.1985 unter dem Aktenzeichen: 5 Bv 14/85 abzuändern und die Anträge des Antragstellers abzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 26.9.1985 – 5 Bv 14/85 – zurückzuweisen.
Der antragstellende Betriebsrat verteidigt den angefochtenen Beschluß. Er weist insbesondere darauf hin, daß die Sprach...