Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchsetzung des Rechts der Mitglieder des Wahlvorstandes auf Teilnahme an einer Schulung im Wege einstweiliger Verfügung

 

Leitsatz (redaktionell)

Aus dem Verfassungsgebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes folgt, dass die Teilnahme von Mitgliedern des Wahlvorstandes an einer Schulung im Wege einstweiliger Verfügung durchsetzbar sein muss, wenn anderenfalls der Rechtsschutz zu spät käme.

 

Orientierungssatz

  1. Fehlen des Verfügungsgrundes wegen Selbstvereitelung der Eilbedürftigkeit durch die Antragsteller (hier verneint).
  2. Verfügungsanspruch: Bei erstmals berufenen Wahlvorstandsmitgliedern ist wie bei neuen Betriebsratsmitgliedern im Regelfall die Erforderlichkeit der Vermittlung von Kenntnissen über die Wahlvorschriften zu bejahen, ohne dass dies vom betreffenden Wahlvorstandsmitglied näher dargelegt werden muss. Die Freistellung von Kosten kann vor dem Besuch der Schulungsteilnahme nicht verlangt werden.
 

Normenkette

ZPO § 935; BetrVG § 20 Abs. 3, § 37 Abs. 6; ZPO § 940

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 23.03.2018; Aktenzeichen 6 BVGa 171/18)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23.3.2018 - 6 BVGa171/18- unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert:

Die Beteiligte zu 7 wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, die Beteiligten zu 2-6 für die Teilnahme an der Schulung des Veranstalters A, am 28.3.2018 in B von der Arbeitspflicht freizustellen.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten in einem einstweiligen Verfügungsverfahren über die Freistellung von Wahlvorstands- und Ersatzmitgliedern zu einer Schulung und die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Kostentragung.

Die Beteiligte zu 7 (Arbeitgeber) betreibt bundesweit eine Kette von Einzelhandelsgeschäften. Antragsteller ist der für die Filiale in B, C für die im Zeitraum März bis Mai 2018 anstehende Betriebsratswahl gebildete Wahlvorstand. Die Beteiligten zu 2-4 sind Mitglieder des Wahlvorstands, die Beteiligten zu 5 und 6 Ersatzmitglieder.

Am 14. März 2018 beschloss der Wahlvorstand, die Beteiligten zu 2-6 zu der Schulungsveranstaltung "Damit alles stimmt - Wahlvorstandsschulung (normales Wahlverfahren)" des Veranstalters A am 28. März 2018 in B zu entsenden. Die Seminargebühren für diese Inhouse-Schulung betragen 2080 €. Hinzu kommen Verpflegungskosten der Teilnehmer i.H.v. 29,75 € pro Person sowie gegebenenfalls Raum- und Technikkosten. Wegen der Beschlussfassung wird auf Bl. 9 der Akten verwiesen. Hinsichtlich des Inhalts der Veranstaltung wird auf den Seminarplan Bl. 18 der Akten Bezug genommen.

Auf dem im Betrieb dafür vorgesehenen Formular kreuzte der zuständige Manager hinsichtlich der Seminarteilnahme der Beteiligten zu 2-5 an: "Zeitraum für die PEP (Personaleinsatzplanung) der Abteilung ok" (siehe Bl. 37-40 der Akten).Gleichwohl ist der Arbeitgeber mit der Teilnahme der Beteiligten zu 2-6 an der Schulungsveranstaltung nicht einverstanden.

Mit ihrem am 19. März 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehren die Antragsteller die Freistellung zur Teilnahme an dem genannten Seminar sowie von den insoweit anfallenden Kosten.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. der Gründe (Bl. 103, 103R der Akten) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil die Antragsteller eine etwaig bestehende Eilbedürftigkeit selbst herbeigeführt hätten. Bei der anstehenden Betriebsratswahl 2018 handele es sich nicht um ein unvorhersehbares Ereignis. Vielmehr seien die regulär anstehenden Betriebsratswahlen mit mehreren Jahren Vorlauf bekannt. Der Wahlvorstand habe es unterlassen, sich mit ausreichend zeitlichem Vorlauf um eine infrage kommende Schulung zu bemühen. Zudem sei nicht vorgetragen, wann die Betriebsratswahl in der Filiale, für die der Wahlvorstand gebildet ist, überhaupt anstehe.

Dieser Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller am 23. März 2018 zugestellt. Sie hat dagegen am selben Tag Beschwerde eingelegt und diese am 26. März 2018 begründet.

Der Wahlvorstand und seine Mitglieder sind der Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Antrag zu Unrecht wegen fehlender Eilbedürftigkeit zurückgewiesen. Die Schulungsteilnahme sei deshalb nicht zu einem früheren Zeitpunkt geplant worden, weil die Vorsitzende des Wahlvorstands aufgrund eines Sportunfalls vom einen 20. Januar 2018 und einer am 12. Februar 2018 erfolgten Operation in den Kalenderwochen 4-5 sowie 7-9 im Jahr 2018 arbeitsunfähig erkrankt und in der gesamten Kalenderwoche 6/2018 mit Gesamtbetriebsratstätigkeiten beschäftigt gewesen sei. Gleichwohl sei am 9. Februar 2018 ein Wahlvorstand bestellt worden. Die Betriebsratswahl finde am 2. Mai 2018 statt.

Die Antragsteller beantragen,

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