Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergansmandat bei Abspaltung. Ein Betriebsrat, der das Übergangsmandat in einem abgespaltenen Betriebsteil wahrnimmt, ist auch für die Arbeitnehmer des aufnehmenden, bisher betriebsratslosen Betriebs zuständig
Leitsatz (redaktionell)
Die Zuständigkeit des Übergangsmandats des Betriebsrats nach einer Abspaltung erstreckt sich auch auf die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs in dem noch kein Betriebsrat besteht.
Normenkette
BetrVG § 21a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 27.10.2009; Aktenzeichen 2 BVGa 6/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 27. Oktober 2009 – 2 BVGa 6/09 – teilweise abgeändert:
Der Beteiligten zu 3) wird aufgegeben, es zu unterlassen, die Arbeitsleistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verkaufsstelle A – außer in Notfällen – für die 48. bis 53. Kalenderwoche 2009 anzuordnen, zu dulden oder entgegenzunehmen, so lange keine Einigung der Betriebspartner hierüber erfolgt ist oder die fehlende Einigung der Betriebspartner über die Regelung der Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG) für diese Verkaufsstelle durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.
Der Beteiligten zu 3) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung bezogen auf jeden Arbeitstag und jeden Arbeitnehmer ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 10.000,00 EUR (in Worten: Zehntausend und 00/100 Euro) angedroht.
Der Beteiligten zu 3) wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1) die Namen, Vornamen, Adressen und Geburtsdaten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verkaufsstelle A zu benennen.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Das Verfahren soll klären, ob der Beteiligte zu 1), der als Betriebsrat für Verkaufsstellen des Beteiligten zu 2) im Bezirk B gewählt wurde, für die Mitarbeiter der Verkaufsstelle der Beteiligten zu 3) in A, zuständig ist.
Der Beteiligte zu 2) betreibt eine Kette von Drogeriemärkten. Antragsteller und Beteiligter zu 1) ist der im Bezirk B gewählte Betriebsrat. 1995 schloss der Beteiligte zu 2) mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen einen Tarifvertrag gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG betreffend die Zusammenfassung der Verkaufsfilialen in Regionen. Der Beteiligte zu 1) ist der für die im Bezirk B zusammengefassten Verkaufsstellen gewählte Betriebsrat. Im Dezember 2008 wurde die schon vor längerer Zeit gegründete Beteiligte zu 3) unter der jetzigen Firma in das Handelsregister B des Amtsgerichts X eingetragen. Zur Geschäftsführerin wurde Frau C bestellt. Der Sitz sowohl des Beteiligten zu 2) als auch der Beteiligten zu 3) befindet sich unter derselben Adresse in D. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb von Parfümeriegeschäften, Drogerie- und Einkaufsmärkten im In- und Ausland auf allen Handelsstufen. Am 28. August 2009 schloss der Beteiligte zu 2) seine Verkaufsstelle in der A. Die Verkaufsstelle wurde sodann geräumt. Die Beteiligte zu 3) mietete die neben dieser Verkaufsstelle liegenden Räumlichkeiten und auch die bisherige Verkaufsstelle an. Beide Mietobjekte wurden durch bauliche Maßnahmen miteinander verbunden.
Die neue Verkaufsstelle der Beteiligten zu 3) in A wurde am 25. September 2009 eröffnet. Für diese Verkaufsstelle wurden acht neue Mitarbeiter eingestellt. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2009 teilte der Beteiligte zu 1) sowohl dem Beteiligten zu 2) als auch der Beteiligten zu 3) mit, er habe gemäß § 1 Abs. 2 BetrVG wie bisher auch die Mitbestimmung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verkaufsstelle A als gesamte Aufgabe wahrzunehmen. Er forderte den Beteiligten zu 2) und die Beteiligte zu 3) auf, bis zum 15. Oktober 2009 mitzuteilen, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit welchen Arbeitszeiten dort beschäftigt würden und die Arbeitszeit- und Pausenpläne für die 43. und 44. Kalenderwoche und für die Folgewochen gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unter unserer Beteiligung als Betriebsrat durchzuführen (Bl. 38 d. A.).
Der Beteiligte zu 1) hat behauptet, seine Vorsitzende habe die spätere Prozessbevollmächtigte mit der Einleitung eines Verfahrens zur Erlangung einer einstweiligen Verfügung gegen die Beteiligten zu 2) und 3) beauftragt. Am 20. Oktober 2009 hätten die Mitglieder des Beteiligten zu 1) durch einen Beschluss mehrheitlich die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens genehmigt. Die Beteiligten zu 2) und 3) seien übereingekommen, ihre Verkaufsstellen vom äußeren Erscheinungsbild so zu gestalten, dass sie nicht unterscheidbar seien. Dies wirke sich auch auf die Gestaltung der Werbung aus. Des Weiteren sei der Bedarf der Handwerker und Mitarbeiter, welche die neue Verkaufsstelle einrichteten, aus einer Verkaufsstelle des Beteiligten zu 2) in A gedeckt und als „Eigenverbrauch” deklariert worden. Die Warenbestände der Verkaufsstellen des Beteiligten zu 2) seien in die neue Verkaufsstelle der Beteiligten zu 3) umgelagert worden und auch die Eigenmarke des Beteiligten zu 2), „E” würde in d...