Entscheidungsstichwort (Thema)
Abbruch von Betriebsratswahl. Einstweilige Verfügung
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 87 Abs. 2 S. 1 ArbGG gelten für das Beschwerdeverfahren u.a. die Vorschriften des § 85 ArbGG über die Zwangsvollstreckung entsprechend. Hierzu gehören auch die Regelungen in § 85 Abs. 2 S. 2 ArbGG über das erstinstanzliche Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung normierten Regelungen gelten nach § 87 Abs. 2 S. 1 ArbGG auch für das Beschwerdeverfahren. § 85 Abs. 2 S. 2 ArbGG verweist auf die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung über die einstweilige Verfügung, allerdings mit der Maßgabe, dass die Entscheidungen durch Beschluss der Kammer ergehen. Nach der in Bezug genommenen Vorschrift des § 937 Abs. 2 ZPO wie auch nach § 62 Abs. 2 ArbGG kann die Entscheidung in dringenden Fällen, sowie dann, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen.
2. In eine angelaufene Betriebsratswahl kann im Wege der einstweiligen Verfügung nur eingegriffen werden, wenn die Wahl mit Sicherheit als nichtig anzusehen wäre.
Normenkette
ArbGG § 87 Abs. 2 S. 1, § 85 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940; BetrVG § 13 Abs. 2 Nr. 3, § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Beschluss vom 24.01.2002; Aktenzeichen 7 BV Ga 1/02) |
Tenor
Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 3) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 24. Januar 2002 – 7 BV Ga 1/02 – werden zurückgewiesen.
Gründe
Die Antragstellerin verfolgt im Eilbeschlussverfahren den Abbruch einer Betriebsratswahl, die gemäß Wahlausschreiben vom 14.12.2001 (Bl. 16 d. A.) am 28.1.2002 stattfinden soll.
Der Wahlvorstand verlangte mit Schreiben vom 14.12.2001 von den Beteiligten zu 1) und 3) bis 5) eine Wählerliste. Die Zusammensetzung des Wahlvorstandes vom 14.12.2001 (Bl. 20 d. A.) wurde der Antragstellerin spätestens am 19.12.2001 gefaxt.
Die Antragstellerin ist der Auffassung gewesen, die für den 28.1.2002 vorgesehene Wahl habe zu unterbleiben, weil eine Wählerliste zum Zeitpunkt des Aushangs des Wahlausschreibens nicht vorgelegen habe, zwei Mitarbeitern am 19./20.12.2001 Einblick in diese verweigert worden sei, der Zeitpunkt des Aushangs des Wahlausschreibens vor den Feiertagen den Zeitraum des Aushangs faktisch verkürzt habe, zahlreiche Mitarbeiter vor der und über die Jahreswende in Urlaub gewesen seien, die Neuwahl kurz vor den turnusmäßigen Wahlen zur Unzeit stattfinde und der den Wahlvorstand bestimmende Betriebsrat zu Unrecht eine Vertretungsbefugnis für sämtliche Betriebe angenommen habe.
Die Antragstellerin und die Beteiligten zu 3) und 5) haben beantragt,
dem Wahlvorstand aufzugeben, es zu unterlassen, eine Betriebsratswahl gemäß Wahlausschreiben vom 14.12.2001 am 28.01.2002 durchzuführen.
Der Wahlvorstand hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Wahlvorstand hat vorgetragen, der Betriebsrat habe in der ordentlichen Betriebsratssitzung vom 14.12.2001 einstimmig seinen Rücktritt beschlossen und diesen mit Schreiben selben Datums der Antragstellerin und den übrigen Firmengeschäftsleitungen zur Kenntnis gebracht. Mit Beschluss diesen Tages sei die Einsetzung des Wahlvorstandes erfolgt. Das Wahlausschreiben sei ordentlich in den Betriebsstätten veröffentlicht worden. Einblick in die Wählerliste sei den Mitarbeitern E. und K. nicht verweigert worden.
Die Wählerliste sei am 17.12.2001 beim Wahlvorstand ausgelegt worden. Die beteiligten Unternehmen unterhielten einen gemeinsamen Betrieb.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Darmstadt hat den Antrag durch Beschluss vom 24. Jan. 2002 – 7 Bv Ga 1/02 als unbegründet zurückgewiesen. Es hat angenommen, der Abbruch einer eingeleiteten Betriebsratswahl könne durch eine Unterlassungsverfügung nur verlangt werden, wenn die betreffende Wahl bei ihrer weiteren Durchführung mit Sicherheit nichtig wäre. Der Wahlmangel müsse mit Sicherheit vorliegen, was z. B. nicht der Fall sei, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen streitig seien, die wechselseitig glaubhaft gemacht würden. Eine Betriebsratswahl sei nur dann nichtig, wenn gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden sei, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliege (BAG Beschluss vom 22.3.2000 – 7 ABR 34/98 – NZA 2000, 1119).
Der Wahlvorstand habe dargelegt, der Betriebsrat sei am 14.12.2001 aufgrund einstimmigen Beschlusses zurückgetreten. Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG habe daher ein Grund für eine Wahl außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums vorgelegen. Es könne auch nicht geltend gemacht werden, der Rücktritt des Betriebsrates sei z. B. deshalb mangels Ernstlichkeit unwirksam, weil sich die Betriebsratsmitglieder sogleich wieder zur Wahl hätten aufs...