keine Angaben zur Anfechtbarkeit
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsersetzung. Kündigung. Betriebsratsmitglied. Zulässigkeit. Unterrrichtung des Betriebsrats. Ausschlussfrist. nachgeholte Information
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Antrag auf Zustimmungsersetzung zur außerordentlichen Kündigung nach § 103 Abs. 2 BetrVG ist unzulässig, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat im Rahmen des betrieblichen Zustimmungsverfahrens nicht ausreichend unterrichtet hat.
2. Zur ausreichenden Unterrichtung gehört – ebenso wie zur ordnungsgemäßen Anhörung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung im Rahmen des § 102 BetrVG – die Mitteilung derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Einhaltung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ergibt.
3. Die Unzulässigkeit des Antrags wird durch eine im Rahmen des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nachgeholte Information jedenfalls dann nicht geheilt, wenn diese in das gerichtliche Verfahren eingeführt wurde, ohne dass bei dem Betriebsrat zuvor erneut die Zustimmung beantragt wurde oder diesem zumindest zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde.
Normenkette
BetrVG 103; BGB § 626 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.07.2007; Aktenzeichen 3 BV 198/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juli 2007 – 3 BV 198/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin, ein Unternehmen der Gebäudereinigungsbranche, begehrt die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3). Der Beteiligte zu 2) ist der bei der Beteiligten zu 1) gebildete dreiköpfige Betriebsrat. In dem Betrieb der Beteiligten zu 1), der die Reinigung einer Großküche der A durchführt, sind etwa 35 Arbeitnehmer tätig. Der ganz überwiegende Teil der Mitarbeiter ist nicht deutscher Nationalität. Der am XX.XX.19XX geborene, verheiratete Beteiligte zu 3) ist seit Oktober 2000 im Betrieb der Beteiligten zu 1) im Objekt A beschäftigt. Seine monatliche Bruttovergütung beträgt EURO 1.450,–. Er ist Vorsitzender des Beteiligten zu 2), dem er seit dem 02. Juni 2004 ununterbrochen angehört.
Bei der Beteiligten zu 1) war von Februar 2006 bis zum 31. Januar 2007 aufgrund befristeten Vertrags die türkischsprachige Mitarbeiterin B als Reinigungskraft beschäftigt. Am 24. oder 26. März 2007 – insoweit ist der Vortrag der Beteiligten zu 1) widersprüchlich – ging bei der Beteiligten zu 1) ein Telefaxschreiben der Zeugin B mit dem Datum des 23. März 2007 ein, in dem diese mitteilt, der Beteiligte zu 3), der sie eingestellt habe, belästige sie seit dem Beginn ihrer Beschäftigung bei der Beteiligten zu 1) sexuell. Er fordere eine Gegenleistung für ihre Einstellung, habe auf der Arbeitsstelle wiederholt versucht, sie anzufassen und habe ihr mehrfach erklärt, nur wenn sie sich auf sexuelle Kontakte mit ihm einlasse, schließe er mit ihr einen Festvertrag. Die Belästigungen seien so stark geworden, dass sie keine andere Möglichkeit mehr gesehen habe, als sich bei der Beteiligten zu 1) zu melden. Wegen der Einzelheiten des Faxes im Übrigen wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 64. d.A.) Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 1) führte mit der Zeugin B zwei persönliche Gespräche, in deren Verlauf diese die Vorwürfe gegen den Beteiligten zu 3) aufrecht erhielt. Unter dem Datum des 30. März 2007, eines Freitags, gab die Zeugin im Büro des erstinstanzlichen, auch türkischsprachigen Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) eine eidesstattliche Versicherung ab (Bl. 65 d.A), mit der sie versicherte, der Beteiligte zu 3) habe wiederholt versucht, sie auf der Arbeitsstelle anzufassen und ihr gegen Ende der Befristungszeit angeboten, er werde sich für ihre unbefristete Übernahme einsetzen, sofern sie sich ihm sexuell hingebe. Das Datum der Abgabe ist auf der eidesstattlichen Versicherung vermerkt.
Mit Schreiben vom 3. April 2007 beantragte die Beteiligte zu 1) bei dem Beteiligten zu 2) die Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3). In dem Schreiben schildert die Beteiligte zu 1) im Einzelnen die von der Zeugin B gegen den Beteiligten zu 3) erhobenen Vorwürfe, ohne jedoch deren Namen zu nennen und teilt dem Beteiligten zu 2) mit, sie habe keinen Anlass, an den Schilderungen der früheren Mitarbeiterin zu zweifeln. Sie weist dabei darauf hin, die betroffene Mitarbeiterin, deren Vertrag am 31. Januar 2001 ausgelaufen sei, wünsche zur Zeit noch anonym zu bleiben, sei aber bereit, vor Gericht auszusagen. Einen Hinweis auf das Telefaxschreiben, die eidesstattliche Versicherung und den Zeitpunkt, zu dem sie, die Beteiligte zu 1), von den Vorwürfen Kenntnis erlangt hat, enthält das Anhörungsschreiben nicht. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 5, 6 d.A. Bezug genommen. Da dem Beteiligten zu 2) bekannt war, dass außer dem Arbeitsvertrag der Zeugin B lediglich der Arbeitsvertrag der Mitarbeiteri...