Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkludente Antragsrücknahme im Beschlußverfahren
Leitsatz (amtlich)
Wenn ein schriftsätzlich angekündigter Antrag im Beschlußverfahren im Anhörungstermin nach längerer Erörterung, welche Anträge gestellt werden, ausdrücklich nicht gestellt wird und – da der Sachverhalt unstreitig ist – damit gerechnet werden muß, daß die Sache endgültig entschieden wird, ist dieses Verhalten im Zweifel als Antragsrücknahme auszulegen.
Eine konkludente Antragsrücknahme ist auch im Beschlußverfahren möglich, obwohl § 81 Abs. 2 ArbGG bestimmt, daß der Antrag „jederzeit in derselben Form” wie gemäß Absatz 1 – also gegenüber dem Arbeitsgericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle – zurückgenommen werden kann. Die Vorschrift will eine Erleichterung der Antragsrücknahme im Verhältnis zum Urteilsverfahren erreichen und keine Erschwerung.
Normenkette
ArbGG § 81 Abs. 2; ZPO § 269
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 09.09.1987; Aktenzeichen 5 BV 18/87) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Einstellungsbeschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 9. Sept. 1987 bezüglich des Widerantrages zu 2) aus dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 7. August 1987 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I
Mit Antrag vom 15. Juli 1987 hat die Antragstellerin die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zu einer bestimmten, zeitlich bis zum 31. Juli 1987 begrenzten, personellen Maßnahme sowie Feststellung der dringenden Erforderlichkeit dieser Maßnahme beantragt. Nachdem Anhörungstermin auf den 27. August 1987 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt anberaumt worden war, hat der Antragsgegner mit seinem am 11. August 1987 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz neben dem Antrag, die Anträge zurückzuweisen, zwei Wideranträge gestellt (Bl. 30 d.A.), die lauten:
- festzustellen, daß die Versetzung der Arbeitnehmer Vr., O., J. für die Zeit vom 7.9. – 2.10.1987, der Arbeitnehmer W., K., B. für die Zelt vom 5.10. – 30.10.1987 und der Arbeitnehmer H. W., L., K. und J. für die Zeit vom 2.11. – 27.11.1987 nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist,
- der Antragstellerin bei Meldung eines Ordnungsgeldes bis zu 20.000,– DM zu untersagen, die Arbeitnehmer Vr., O. und J. für die Zelt vom 7.9.1987 – 2.10.1987, die Arbeitnehmer W. K. und B. für die Zeit vom 5.10. – 30.10.1987 und die Arbeitnehmer H. W., L., Ka. und J. für die Zeit vom 2.11. – 27.11.1987 in die Abteilung WR 313 zu versetzen, ohne daß die Zustimmung des Antragsgegners vorliegt oder gerichtlich ersetzt ist.
Der Widerantrag zu 2. stellt insoweit den Hauptantrag zu einem am 11.8.1987 unter dem Aktenzeichen 5 Ta BV Ga 83/87 vom LAG Frankfurt beschiedenen Antrag auf einstwellige Verfügung dar.
Mit am 18.8.1987 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin ihre Anträge vom 14./15.7.1987 zurückgenommen.
Im Anhörungstermin vom 27.8.1987 ist – gemäß einem Vermerk des Vorsitzenden der Kammer 5 des Arbeitsgerichts Frankfurt – ausführlich erörtert worden, welchen der Wideranträge der ursprüngliche Antragsgegner stellen wolle. Auch nach einer Unterbrechung der Sitzung ist dieser dabei geblieben, nur den Widerantrag zu 1. zu stellen, was die Sitzungsniederschrift vom 27.8.1987 auch wiedergibt.
Das Arbeitsgericht hat mit seinem am 7.9.1987 verkündeten Beschluß nur über den Widerantrag zu 1. abschließend befunden und durch Beschluß vom 9.9.1987 das Beschlußverfahren hinsichtlich des Widerantrags zu 2. gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 ArbGG eingestellt (Bl. 56 d.A.).
Gegen diesen Einstellungsbeschluß, der ihm am 7.10.1987 zugestellt worden ist, hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt, die am 9.10.1987 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Er hat darauf hingewiesen, daß eine Rücknahme des Antrags zu 2. weder erklärt noch beabsichtigt gewesen sei; dieser Antrag bleibt weiter aufrecht erhalten.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat das Beschlußverfahren bezüglich des Widerantrages zu 2. aus dem Schriftsatz vom 7.8.1987, eingegangen am 11.8.1987 (Bl. 30 d.A.) zu Recht gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 ArbGG eingestellt, da der Antragsgegner diesen Antrag im Anhörungstermin vom 27.8.1987 konkludent zurückgenommen hat.
§ 81 Abs. 2 ArbGG bestimmt, daß der Antrag jederzeit „in derselben Form” wie gemäß Absatz 1, also gegenüber dem Arbeitsgericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts mündlich zurückgenommen werden kann. Außerdem kann aber die Zurücknahme in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Gerichts erfolgen (Grunsky, ArbGG 5. Auflage 1987, § 81 Anm. 8). Eine konkludente Antragsrücknahme ist dennoch möglich, auch wenn die Rücknahme nicht ausdrücklich im Protokoll vermerkt, vorgelesen und genehmigt wurde, was an sich eine Rücknahme „zu Protokoll des Gerichts” voraussetzen würde. § 81 ArbGG will nämlich eine Antragsrücknahme im Beschlußverfahren gegenüber einer Klagerücknahme im Zivilverfahren erleichtern. Das geht daraus hervor, daß...