Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsgebühr des Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
1. Die Einigungsgebühr fällt nicht bereits dann an, wenn sich der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber über einen Interessenausgleich verständigt und einen Sozialplan abschließt, da hierdurch ein Rechtsverhältnis erst begründet wird (BAG 13.5.1998 -7 ABR 65/96- AP Nr. 55 zu § 80 BetrVG 1972).
2. Ist zwischen den Betriebspartnern streitig, ob die vom Arbeitgeber beabsichtigte Maßnahme überhaupt interessenausgleichs- bzw. sozialplanpflichtig ist, bezieht sich der Streit auf das zwischen den Betriebspartnern bestehende betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis. Dieses streitige Rechtsverhältnis wird durch eine Einigung über eine (freiwillige) Betriebsvereinbarung über die vom Arbeitgeber beabsichtigte Maßnahme vergleichsweise erledigt, mit der Folge, dass dem Rechtsanwalt die Einigungsgebühr zusteht.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 1; RVG-VV Nr. 1000 Anl 1 § 13
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.05.2011; Aktenzeichen 24 BV 32/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 13. Mai 2011 – 2 BV 32/10 – abgeändert:
Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, an den Antragssteller 867,51 EUR (in Worten: Achthundertsiebenundsechzig und 51/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem antragstellenden Rechtsanwalt im Rahmen seiner Vertretung des bei der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) gebildeten Betriebsrats zustehenden Honorars.
Seit Herbst 2009 plante die Arbeitgeberin ihren Betrieb innerhalb von F zu verlegen. Hierüber und den Ausgleich etwaiger Nachteile führte sie Gespräche mit dem Betriebsrat. Beabsichtigt war der Abschluss einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung. Mit Schreiben vom 08.07.2010, bei der Arbeitgeberin am 13.07.2010 eingegangen, zeigte der Antragsteller an, dass er den Betriebsrat im Zusammenhang mit dem geplanten Umzug anwaltlich vertritt und forderte den Abschluss eines Interessenausgleiches und Sozialplans; insoweit wird auf Blatt 25 der Akten Bezug genommen. Am 14.07.2010 legte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat einen abschließenden Entwurf über eine Betriebsvereinbarung vor. Ob der Antragsteller dem Betriebsrat zur Annahme dieses Vorschlags riet, ist streitig. Jedenfalls stimmte der Betriebsrat am 16.07.2010 der Betriebsvereinbarung zu; siehe Blatt 26 bis 28 der Akten. Mit seiner Kostenrechnung vom 17.08.2010 (Blatt 51 der Akten) machte der Antragsteller u. a. die Zahlung einer Vergleichsgebühr geltend, die die Arbeitgeberin nicht erstattete. Nach Abtretung des Freistellungsanspruchs durch den Betriebsrat vom 20.12.2010 (Blatt 5 der Akten) macht der Antragsteller die Vergleichsgebühr in dem vorliegenden Beschlussverfahren gegenüber der Arbeitgeberin geltend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird es die Ausführungen im Beschluss des Arbeitsgerichts unter I der Gründe (Blatt 56 bis 57 R der Akten) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Nr. 1000 VV der Anlage 1 zu § 13 RVG setze ein bestehendes Rechtsverhältnis voraus, weshalb es nicht ausreiche, wenn durch die Einigung ein Rechtsverhältnis erst ausgehandelt werde. Dies sei hier nicht der Fall, da ein Rechtsverhältnis zwischen den Betriebspartnern erst durch den Abschluss der Vereinbarung vom 16.7.2010 begründet worden sei.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde dem Antragsteller am 27.6.2011 zugestellt. Er hat dagegen mit einem am 19.5.2011 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.
Der Antragsteller ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass hier Streit darüber bestand, ob die Voraussetzungen der §§ 111, 112 BetrVG vorliegen oder nicht. Es sei gerade nicht nur um die Dotierung des Sozialplans gegangen. Er behauptet, der Betriebsrat habe ihm am 15.7.2010 den letzten Entwurf der Betriebsvereinbarung zugeleitet. In einem darauf stattgefundenen Gespräch habe er dem Betriebsrat geraten, die Betriebsvereinbarung so abzuschließen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13.5.2011 -24 BV 32/11-abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Schlussantrag zu erkennen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Der Antragsteller habe weder bei den Verhandlungen noch beim Abschluss der Betriebsvereinbarung in irgendeiner Form mitgewirkt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29. August 2011, wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens der Beteiligten auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde ist statth...