Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde des Betriebsrats gegen die Räumung der ihm vom Arbeitgeber bislang für seine Amtstätigkeit überlassenen Räume
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Betriebsrat andere Räume als die bisher genutzten zur Verfügung zu stellen, sofern diese ebenfalls den konkreten Erfordernissen des Betriebsrats genügen. Die Räume müssen daher funktionsgerecht eingerichtet sein und dem betrieblichen Standard entsprechen. Sie - insbesondere auch Besprechungsräume - müssen optisch und akustisch soweit abgeschirmt sein, dass sie von Zufallszeugen von außen nicht eingesehen und abgehört werden können.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 24.11.2022; Aktenzeichen 5 BV 46/22) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 24. November 2022 - 5 BV 46/22 - abgeändert:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Arbeitgeber betreibt die Räumung der dem Betriebsrat bislang für seine Amtstätigkeit überlassenen Räume.
Der Arbeitgeber betreibt ein Textileinzelhandelsunternehmen mit etwa 3000 Mitarbeitern in 70 Filialen in Deutschland. In der Filiale in der A in B sind derzeit etwa 35 Mitarbeiter beschäftigt. Dort ist ein aus 3 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gebildet. Diesem stand in der Filiale bislang ein etwa 19 m2 großes Büro für die Ausübung seiner Amtstätigkeit zur Verfügung. Der Arbeitgeber möchte diesen Raum als so genanntes Managerbüro nutzen.
Der Arbeitgeber hat für den Betriebsrat Räume in der C in B angemietet. Das Büro findet sich ca. 500 m (6 Gehminuten) von der Filiale entfernt und ist etwa 75 m2 groß.
Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbaren Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Betriebsrat am 24. März 2023 sein bisheriges Betriebsratsbüro geräumt und ist in die neuen Räume in der C umgezogen.
Die neuen Räume befinden sich in einem Haus, in dem im Erdgeschoss ein Immobilienbüro untergebracht ist. Vom Erdgeschoss geht eine offene Treppe in den ersten Stock. Dort befinden sich die für den Betriebsrat nunmehr angemieteten Räume. Diese sind nicht durch eine Wand mit separater Eingangstür gegenüber der Treppe abgegrenzt, so dass der weitaus größere (erste) Raum von den Mitarbeitern der Immobilienfirma betreten werden kann. Von dort aus erfolgt auch der Zugang zur Küche, die ebenfalls von den Mitarbeitern des Immobilienbüros genutzt wird. Am hinteren Ende dieses offenen Raums befindet sich durch eine Zimmertür, mit einem einfachen Schloss -keinem Sicherheitsschloss- versehen ein abgetrennter Raum, der von dem größeren, offenen Raum aus durch ein Innenfenster eingesehen werden kann. Dieser zweite Raum hat eine Größe von etwa 15-20 m2 und sei damit nach der Behauptung des Arbeitgebers fast genauso groß wie das bisherige Betriebsratsbüro. Der Arbeitgeber hat in Aussicht gestellt, dass an dem Innenfenster zum Betriebsratsbüro zeitnah Jalousien angebracht werden, damit von außen keine Einsicht genommen werden kann.
Wegen der räumlichen Situation der dem Betriebsrat überlassenen Räume wird auf die vom Betriebsrat mit Schriftsatz vom 30. Juni 2023 eingereichten Fotos (Bl. 244-246 der Akte) und auf die vom Arbeitgeber mit Schriftsatz vom 21. Juli 2023 eingereichten Fotos (Bl. 252-253 der Akte) Bezug genommen.
Im Anhörungstermin vor dem Landesarbeitsgericht hat die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende ausgeführt, dass die Mitarbeiter des Immobilienbüros nicht abgetrennt von der Treppe, die zum ersten Stock führt, arbeiten. Die Betriebsratsmitglieder im ersten Stock hören, was unten gesprochen wird.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 174-175 der Akte) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat dem Räumungsantrag des Arbeitgebers stattgegeben; wegen der Begründung wird auf die Ausführungen im Beschluss unter II. (Bl. 175-177 der Akte) verwiesen.
Dieser Beschluss wurde dem Betriebsrat am 29. Dezember 2022 zugestellt, der dagegen am 7. Dezember 2022 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 29. März 2023 am 20. März 2023 begründet hat.
Der Betriebsrat rügt, das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass andere Betriebsräte (mit wenigen Ausnahmen) ihr Betriebsratsbüro in der Filiale haben. Die Entscheidung des Arbeitgebers, das Betriebsratsbüro zu räumen, sei im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verfahren über die Zurverfügungstellung von Tablets an den Betriebsrat getroffen worden und damit aus sachfremden Erwägungen erfolgt. Grundsätzlich müsse sich das Betriebsratsbüro im Betrieb befinden. Gegebenenfalls seien Umbaumaßnahmen erforderlich. Dies sei hier nicht geprüft worden. Wenn sich das Betriebsratsbüro nicht auf dem Betriebsgelände befinde, sei nicht gewährleistet, dass der Betriebsrat jederzeit für Arbeitnehmer ansprechbar ist. D...