Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadenshaftung des Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Zum gegenwärtigen Stand der Arbeitnehmer-Schadenshaftung bei nicht gefahrengeneigter Betriebstätigkeit (aus Anlaß eines Schadensfalles, bei dem der Mitarbeiter die Heckklappe eines betrieblich genutzten Fahrzeuges R 4 beschädigte, indem er sie beim Zurückfedern durch seitlich verklemmte Werkzeuge mehrmals mit Gewalt zu verschließen suchte)
Normenkette
BGB § 276 Abs. 1, § 254 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Marburg (Urteil vom 24.07.1987; Aktenzeichen 2 Ca 623/86) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 24.7.1987 – Az.: 2 Ca 623/86 – geändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
1) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 738,07 DM (i.W.: siebenhundertachtunddreißig 07/100 Deutsche Mark) netto nebst 4 % Zinsen seit dem 30.11.1986 zu zahlen.
2) Auf die Widerklage des Beklagten wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten einen Betrag von 451,58 DM (i.W.: vierhunderteinundfünfzig 58/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 27.1.1987 zu zahlen.
Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
3) Die Kosten des ersten Rechtszuges werden zu 33,1 % dem Kläger und zu 66,9 % dem Beklagten auferlegt.
4) Die Kosten der Berufungsinstanz fallen dem Kläger zu 30,5 % und dem Beklagten zu 69,5 % zur Last.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Berufungsinstanz auf 1.482,07 DM festgesetzt.
Tatbestand
Hinsichtlich der im ersten Rechtszug vorgebrachten tatsächlichen Behauptungen der Parteien sowie wegen der vom Arbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 24. Juli 1987 (Bl. 44/45 d. A.) Bezug genommen.
Gegen diese, ihm am 03.08.1987 zugestellte Entscheidung des Arbeitsgerichtes, auf deren nähere Gründe (Bl. 45 – 49 d. A.) gleichfalls verwiesen wird, hat der Beklagte mit einem am 31.08.1987 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und mit einem weiteren Schriftsatz, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 25.09.1987, diese im einzelnen begründet.
Darin tritt der Beklagte dem Urteil des Arbeitsgerichtes aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen entgegen. Zunächst wendet er sich gegen die seines Erachtens unzutreffende Annahme des Arbeitsgerichtes, wonach der Kläger für die Beschädigung der Heckklappe des Firmenwagens nicht hafte, weil es sich beim Verstauen von Werkzeugen, Besen und Schaufel in das Firmenfahrzeug um eine gefahrgeneigte Tätigkeit handele. Eine solche Wertung sei rechtlich unhaltbar; vielmehr gehöre das Verstauen von Arbeitsgerät und das anschließende Verschließen der Heckklappe zu den simpelsten Tätigkeiten überhaupt.
Handele es sich aber um keine gefahrgeneigte Tätigkeit, so sei auch die Abwälzung im Rahmen des Betriebsrisikos auf den Beklagten nicht einzusehen, zumal jeder Arbeitnehmer für die ihm vom Arbeitgeber anvertrauten Güter eine Mitverantwortung trage.
Des weiteren vertritt der Beklagte die Ansicht, man könne das Verhalten des Klägers nicht mehr, wie dies das Arbeitsgericht getan habe, als leichteste Fahrlässigkeit bewerten; vielmehr stehe hier zumindest grobe Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar Vorsatz, in Frage. Wenn nämlich ein Arbeitnehmer im Rahmen einfachster Tätigkeiten feststelle, daß sich die Heckklappe des Firmenfahrzeugs nicht verschließen lasse, sondern wegen eines eingeklemmten Schaufelstiels zurückfedere, und dann – ohne Ergründung der Ursache – mit Gewalt versuche, diese zu schließen, so handele er im Hinblick auf den Schadenseintritt zumindest grob fahrlässig, da ein in der Heckklappe eingeklemmter Schaufelstiel bei geringer Sorgfalt ohne weiteres erkennbar sei.
Ebenso wenig ist der Schadenseintritt nach Ansicht des Beklagten für den Kläger unvermeidbar gewesen, auch wenn die Rücksitzbank des Fahrzeugs umgeklappt gewesen sei. Der verwendete Firmenwagen vom Typ Renault R 4, den er – der Beklagte – schon seit mehreren Jahren ohne derartige Beschädigungen benutze, sei völlig ausreichend, um Schaufeln und Besen darin zu verstauen.
Schließlich geht der Beklagte selbst davon aus, daß er gegenüber dem klageweise beanspruchten restlichen Nettoarbeitslohn für September 1986 in Höhe von 738,07 DM wegen eines Betrages von 452,47 DM nicht aufrechnen könne, da von der Klageforderung nur 285,60 DM pfändbar seien. Diesen pfändbaren Betrag ermittelt der Beklagte unter Zugrundelegung eines dem Kläger zustehenden Nettolohnes von 938,01 DM, welchen er auf 15 Arbeitstage (01.09. – 13.09.1986 sowie 29. und 30.09.1986) umlegt. Bei diesem Nettoverdienst ergebe sich, da der Kläger nicht unterhaltspflichtig gewesen sei, ein pfändbarer Betrag von täglich 19,04 DM, d. h. bei 15 Arbeitstagen insgesamt ein Betrag von 285,60 DM; insoweit werde mit dem ihm zustehenden Schadensersatzanspruch von 1.029,60 DM die Aufrechnung erklärt und wegen des restlichen Gegenanspruchs von 744,– DM die bisherige Widerklage weiterverfolgt bzw. entsprechend erhöht.
Bezüglic...