keine Angaben zur Anfechtbarkeit
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungsersatz. Schadensersatz. Unfall. Fahrzeugunfall
Leitsatz (amtlich)
Verschuldensunabhängig haftet ein Arbeitgeber für einen Schaden, den ein Arbeitnehmer an seinem eigenen PKW bei Wahrnehmung betrieblich veranlasster Tätigkeiten erlitten hat, nur dann, wenn der Arbeitgeber ansonsten ein eigenes Fahrzeug eingesetzt hätte und das damit verbundene Unfallrisiko hätte tragen müssen.
Normenkette
BGB §§ 670, 675
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Urteil vom 10.01.2008; Aktenzeichen 1 Ca 356/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 10. Januar 2008 – 1 Ca 356/07 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Kostenerstattung aus einem Verkehrsunfall, den die Klägerin erlitten hat.
Der Beklagte ist eine gemeinnützige Jugend- und Altenpflegeeinrichtung der Diakonie. Er ist Träger der freien Jugendhilfe im Sinne des SGB VIII. Seit Juli 2004 war die Klägerin beim Beklagten als sozialpädagogische Fachkraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 13. Juli 1994 (Bl. 9 ff. d.A.) verweist ergänzend auf die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche in Deutschland (AVR).
Die Klägerin übte ihre Tätigkeit für den Beklagten in ihrem Wohnhaus in Feldatal aus. Dort betreute sie drei Jugendliche im Rahmen einer intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung als Pflegekinder. Träger der entsprechenden Jugendhilfemaßnahme war der Beklagte. Die Kinder wohnten und wohnen noch im Haus der Klägerin. Sie waren und sind in ihre Familie integriert. Die Klägerin wurde in ihrer Tätigkeit durch zwei weitere beim Beklagten beschäftigte Mitarbeiterinnen unterstützt, die in ihren Haushalt kamen.
Am 21. April 2006 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich fristlose, hilfsweise ordentlich. Mit einer am 27. April 2006 beim Arbeitsgericht Gießen eingegangenen Klage hatte sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung gewandt. Danach gab es eine Besprechung mit allen Beteiligten, auch der Klägerin, in der besprochen wurde, dass die von der Klägerin betreuten Kinder im Haushalt der Klägerin bleiben sollten, bis ein neuer Träger gefunden ist. Bis zum 05. Mai 2006 wurde die Klägerin deshalb auch in der Betreuung der Kinder weiterhin durch die beiden bei dem Beklagten beschäftigten Mitarbeiterinnen unterstützt. Danach wurde diese Unterstützung eingestellt. Dem Jugendamt Frankfurt am Main wurde mit E-Mail vom 02. Mai 2006 die Verantwortung für die ordnungsgemäße Betreuung der Jugendlichen bei der Klägerin zurückgegeben.
Ab 01. Juni 2006 übernahm die Gemeinnützige A Rehabilitations- und Betreuungseinrichtung in der Jugend- und Sozialhilfe GmbH die Trägerschaft für die drei von der Klägerin betreuten Jugendlichen sowie die Klägerin als Mitarbeiterin.
In einem Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien sodann am 28. September 2006 einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis der Parteien einvernehmlich mit Ablauf des 31. Mai 2006 endete. Der Vergleich sieht auch die Nachzahlung des Arbeitsentgelts bis zum 31. Mai 2006 sowie der anteiligen Versorgungspauschale und Miete für die betreuten Kinder bis 05. Mai 2006 vor.
Während des noch schwebenden Kündigungsschutzprozesses, nämlich am 20. Mai 2006, war die Klägerin mit der gesamten Wohngruppe nach B zu einem Treffen von Projektgruppen für Straßenkinder in Brasilien gefahren. Sie benutzte dabei einen privaten Pkw. Eine der von ihr betreuten Jugendlichen hatte eine Klassenarbeit über Straßenkinder in Brasilien geschrieben. Im Rahmen der hierfür erforderlichen Recherchen hatte sie sich Auskünfte bei der Europaschule in B eingeholt. Vor diesem Hintergrund wurde die Wohngruppe der Klägerin dann zu einem Treffen in eingeladen. Auch die Klägerin war eingeladen worden, bei dem Treffen als Expertin für intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung einen kurzen Vortrag zu halten. Bei der Anreise mit dem Pkw gelangte die Klägerin trotz Navigationsgerät nicht unmittelbar zu der fraglichen Schule, da einige Straßen gesperrt waren. Die Klägerin hielt daher mit dem Pkw an und stieg aus, um einen Passanten nach dem Weg zu fragen. Während dieser Zeit setzte sich das Fahrzeug rückwärts in Bewegung, rollte etliche Meter die abschüssige Straße hinab und stieß gegen einen Laternenmast. Dabei wurde der Pkw erheblich beschädigt.
Unter dem 19. Oktober 2006 machte die Klägerin gegenüber der vom Beklagten abgeschlossenen Dienstreisekaskoversicherung eine Schadensanzeige bezüglich des Unfalls (Bl. 67 – 69 d.A.). Mit Schreiben vom 14. März 2007 (Bl. 24 d.A.) wurde eine Schadensregulierung abgelehnt. Die Klägerin ließ daraufhin durch einen Sachverständigen ein Haftpflichtgutachten erstellen. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass sich an dem Pkw ein Gesamtreparaturschaden in Höhe von EUR 5.232,55 ergibt. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens vom 15....