Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerspruchsrecht des Betriebsrats bei verhaltensbedingten Kündigungen

 

Leitsatz (amtlich)

Es sprechen zwar gute Gründe dafür, dem Betriebsrat auch in Fällen der verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht nach § 102 Abs. 3 BetrVG einzuräumen, denn die Widerspruchsgründe des § 102 Abs. 3 BetrVG beschränken sich nicht auf bestimmte Kündigungsarten, sondern auf bestimmte Lebenssachverhalte. Aber es ist im Falle einer aus verhaltensbedingten Gründen erklärten Kündigung Voraussetzung für die Anerkennung eines Anspruchs des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG, dass der Betriebsrat der Kündigung gerade aus einem für eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht kommenden Widerspruchsgrund widersprochen hat.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 29.10.2014; Aktenzeichen 14 Ga 139/14)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Oktober 2014 - 14 Ga 139/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um das Begehren der Verfügungsklägerin bei der Verfügungsbeklagten beschäftigt zu werden.

Die Verfügungsbeklagte betreibt ein privates Bankhaus und hat zwei Standorte in A. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer außer den zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Für die beiden Betriebsstätten ist ein Betriebsrat gebildet.

Die Verfügungsklägerin ist am xx.xx.1976 geboren und seit dem 1. Juli 2008 aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 27. März 2008 (Bl. 48 - 52 d.A.) bei der Verfügungsbeklagten tätig. Mit Wirkung zum 1. April 2009 wurde ihr Prokura erteilt und zum 1. April 2011 wurde sie zur Abteilungsdirektorin ernannt. Mit Wirkung zum 1. April 2013 wurde ihr der Titel eine Direktorin verliehen. Zuletzt erzielte die Verfügungsklägerin eine monatliche Vergütung in Höhe von € 15.816,00 brutto und war - seit dem 17. September 2009 - als Head of Equity Sales & Trading beschäftigt. In dieser Position berichtete die Verfügungsklägerin an den Bereichsleiter des Equity Bereiches. Dies war Herr B. Sie trug als Head of Equity Sales & Trading die Gesamtverantwortung für Equity Sales & Trading. Sie hatte dabei die fachliche und disziplinarische Leitung des Equity Sales- und Handelsteams inne. Zu ihren Aufgaben gehörte die Pflege langfristiger kaufmännisch vernünftiger Kundenbeziehungen im In- und Ausland, die Sicherstellung der Erhaltung aller relevanten (aufsichts-)rechtlicher Vorgaben und Rahmenbedingungen, das Supervisory Account Management, die Steuerung und Überwachung aller Handelsaktivitäten in diesem Bereich, die Vermarktung der Researchprodukte, die Organisation von Kundenroadshows und von Konferenzen, die Vermittlung von Analyse- und Unternehmenskontakten, die Annahme von Aktienorders und deren Weiterleitung an den Aktienhandel, die Zusammenarbeit mit den Analysten des Equityresearch in der Betreuung von Kundenbeziehungen, die Strukturierung von komplexen Aktientransaktionen sowie die Entwicklung zukünftiger Strategien. Zur Ergänzung wird auf die Stellenbeschreibung (Bl. 53 - 55 d.A.) und das Zwischenzeugnis vom 30. September 2014 (Bl. 73, 74 d.A.) verwiesen.

Die Verfügungsbeklagte hat zum 1. Oktober 2014 eine Umstrukturierung vorgenommen. Die frühere Abteilung Sales und Trading existiert in ihrer bisherigen Form nicht mehr, sondern wird als Bereich auf einer höheren hierarchischen Ebene fortgeführt. Die Abteilung, die die Klägerin geleitet hat, wird nunmehr von Herrn C auf Bereichsleiterebene verantwortet. Die Verfügungsbeklagte hat dabei auch entschieden, die nunmehr neue Abteilung Sales durch die Verfügungsklägerin leiten zu lassen.

Unter dem Datum des 13. August 2014 wandte die Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin sich an die Verfügungsbeklagte und verlangte die vertragsgemäße Beschäftigung der Verfügungsklägerin. Auszugsweise heißt es in dem anwaltlichen Schreiben:

" ... L Gegenstand unserer Beauftragung ist die Mitteilung des neuen Vorgesetzen unserer Mandantin, Herrn B, dass die Bereiche Financial Markets und Equities Sales & Trading zusammen gelegt würden und die bisherige Position unserer Mandantin Head of Equity Sales & Trading, nunmehr ab dem 15.09.2014 durch eine externen Kollegen, Herrn C, übernommen werde. Im Zuge dessen werde unsere Mandantin nur noch das Sales Team verantworten. Dies stellt eine unzulässige Degradierung dar. L ... "

Wegen der Einzelheiten und des genauen Inhalts des außergerichtlichen Schreibens vom 13. August 2014 wird auf Blatt 59, 60 der Akten Bezug genommen. In der Folgezeit korrespondierten die Arbeitsvertragsparteien über ihre Prozessbevollmächtigten mehrfach miteinander (Bl. 61 - 64, Bl. 66 d.A.) und verhandelten auch über eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses.

Mit Schreiben vom 3. September 2014 stellte die Verfügungsbeklagte die Verfügungskläg...

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