Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung Tätigkeitsmerkmal „Oberarzt”
Leitsatz (amtlich)
1. Als Oberarzt im Sinne von § 16 Buchstabe c) TV-Ärzte/VKA ist ein Arzt eingruppiert, dem im Sinne der Protokollerklärung zu § 16 Buchstabe c) TV-Ärzte/VKA die medizinische Verantwortung für einen selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik bzw. Abteilung von Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist. Hierfür reicht die Zuweisung von Aufgaben entsprechend einer oberärztlichen Funktion gemäß Stellenplan oder die bloße Bezeichnung als Oberarzt nicht aus.
2. Das Erfordernis einer ausdrücklichen Übertragung vom Arbeitgeber lässt auch eine Zurechnung der Übertragung von medizinischer Verantwortung durch jemand hierzu vom Arbeitgeber nicht ausdrücklich Bevollmächtigten im Wege der Anscheins- oder Duldungsvollmacht nicht zu.
Orientierungssatz
1. Im Unterschied zum Urteil 3 Sa 1431/08 wurde hier unstreitig die Stelle und damit die Funktion eines Oberarztes übertragen.
2. Überwiegend Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts 3 Sa 1431/08 vom 03.07.2009.
Normenkette
TV-Ärzte/VKA § 16 Buchst. c
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.06.2008; Aktenzeichen 7/11 Ca 9397/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juni 2008 – 7/11 Ca 9397/07 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger, seit 2001 Facharzt für innere Medizin, ist seit 1995 bei der Beklagten in deren Eigenbetrieb, den A, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand bis zum 31. Juli 2006 der Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) Anwendung, seit dem 1. August 2006 findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (TV-Ärzte/VKA) Anwendung, abgeschlossen zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände einerseits und dem Marburger Bund andererseits.
Der Kläger bewarb sich auf eine Stellenausschreibung vom 26. August 2005 (Ablichtung als Anlage K 7 zum Schriftsatz des Klägers vom 20. Mai 2008, Bl. 109 d. A.) für die Stelle einer Oberärztin/eines Oberarztes für die Klinik für Innere Medizin, Abteilung 1. Mit Schreiben des kommissarischen stellvertretenden Geschäftsführers und Verwaltungsdirektors der A, Herrn B, vom 2. November 2005 (Ablichtung als Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 9 d. A.) wurde dem Kläger im Einvernehmen mit dem Chefarzt Prof. Dr. C ab 1. November 2005 die Stelle eines Oberarztes in der Klinik für Innere Medizin, Abteilung 1, übertragen. In dem Schreiben hieß es weiter, dass in der Vergütungsregelung keine Änderung eintrete.
Der Kläger ist seitdem im Bereich der Klinik für Innere Medizin, Abteilung 1 (Kardiologie, Angiologie und Pneumologie) in dem Aufgabengebiet der nicht-invasiven Kardiologie, u. a. im Funktionsbereich Echokardiografie und angiologische Funktionsdiagnostik, tätig. Er hat Weisungsbefugnisse gegenüber Assistenzärzten und dem nichtärztlichen Personal. Auf der Homepage und dem offiziellen Briefpapier der Klinik wird der Kläger als Oberarzt bezeichnet.
Die von der Beklagten für ihre Chefarztverträge verwendeten Musterverträge der Deutschen Krankenhausgesellschaft enthalten in § 6 Abs. 1 folgende Bestimmung:
„Im Rahmen der Besorgung seiner Dienstaufgaben überträgt der Arzt, soweit nicht die Art oder die Schwere der Krankheit oder die Voraussetzungen der Ermächtigung oder Zulassung sein persönliches Tätigwerden erfordern, den ärztlichen Mitarbeitern – entsprechend ihrem beruflichen Bildungsstand, ihren Fähigkeiten und Erfahrungen – bestimmte Tätigkeitsbereiche oder Einzelaufgaben zur selbstständigen Erledigung. Die Gesamtverantwortung des Arztes wird hierdurch nicht eingeschränkt.”
Die Beklagte vergütete den Kläger vom 1. August 2006 bis zum 30. November 2007 nach der Entgeltgruppe II, Stufe 2 gemäß § 16 Buchstabe b) TV-Ärzte/VKA, vom 1. Dezember 2007 bis zum 30. Juni 2009 nach Entgeltgruppe II, Stufe 3 und seit dem 1. Juli 2009 nach der Entgeltgruppe II, Stufe 4 des TV-Ärzte/VKA.
Mit der Klage macht der Kläger seine Eingruppierung in Entgeltgruppe III (Oberärztin/Oberarzt) gemäß § 16 Buchstabe c) TV-Ärzte/VKA seit dem 1. August 2006 geltend.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er erfülle die Voraussetzungen für eine Eingruppierung als Oberarzt in die Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA. Das Tätigkeitsmerkmal „Oberärztin/Oberarzt” knüpfe an die Übertragung der Funktion bzw. Bezeichnung als Oberärztin/Oberarzt an. Die Funktion eines Oberarztes sei ihm mit dem als Anlage K 1 vorgelegten Schreiben vom 2. November 2005 übertragen worden. Der Kläger hat vorgetragen, er erfülle auch die Voraussetzungen der Protokollerklärung zu § 16 Buchstabe c) TV-Ärzte/VKA. Mit dem Schreiben vom 2. November 2005 sei die Übert...